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24. Januar 2012 | Gemeinderat, Direktionen

Hochwasserschutz Aare Bern

Gemeinderat will Gebietsschutz für die Quartiere an der Aare

Der Gemeinderat hat über das weitere Vorgehen im Hochwasserschutz für die Quartiere an der Aare entschieden. Er will auf die weitere Bearbeitung der sogenannt „Nachhaltigen Variante“ verzichten. Diese sieht einen reduzierten Hochwasserschutz insbesondere für das Mattequartier vor. Nach Auswertung einer umfassenden Projektstudie kommt der Gemeinderat zum Schluss, dass die „Nachhaltige Variante“ als eigenständiger Lösungsansatz nicht zum Ziel führt. Stattdessen beantragt er dem Stadtrat, einen Wasserbauplan (Bauprojekt) „Gebietsschutz Quartiere an der Aare“ zu erarbeiten. Darin sollen die Erkenntnisse aus der Projektstudie zur „Nachhaltigen Variante“ einfliessen.

Seit dem Hochwasser im Jahr 2005 hat die Stadt Bern eine ganze Reihe kurz- und mittelfristiger und zum Teil provisorischer Massnahmen für den Hochwasserschutz umgesetzt. Im Vordergrund standen dabei Massnahmen zum Schutz vor einer erneuten Durchströmung des Mattequartiers, wie sie im August 2005 geschehen war. Für den langfristigen Schutz vor Hochwasser sind aber nach wie vor weitere Massnahmen nötig, nicht nur für die Matte, sondern auch für die Quartiere Dalmazi, Marzili und Altenberg.

Im Hinblick auf einen solchen langfristigen Schutz gefährdeter Uferabschnitte entlang der Aare gab der Gemeinderat im Februar 2009 der Lösungsvariante „Objektschutz Quartiere an der Aare“ den Vorzug gegenüber der Variante „Stollen Dalmazi–Seftau“. Der Stadtrat indessen beauftragte den Gemeinderat mit einer interfraktionellen Motion, eine dritte Lösungsvariante auszuarbeiten: die so genannte „Nachhaltige Variante“. Diese verlangt den „Schutz einzelner Liegenschaften anstelle von Schutzmassnahmen über ein ganzes Quartier“ und „ein Abweichen vom absoluten Schutz der Matte gegen das Hochwasser“.

Projektstudie mit nationalem Pioniercharakter

Der Lösungsansatz der „Nachhaltigen Variante“ weicht in seiner Einschätzung der Gefahrensituation stark von allen bisher geltenden, von Bund und Kanton anerkannten Richtlinien ab: Er geht davon aus, dass dank den seit 2005 realisierten Massnahmen künftige Hochwasser in der Stadt Bern keine vergleichbaren Schäden wie im August 2005 mehr verursachen werden; die Fachstellen von Bund, Kanton und Stadt rechnen dagegen auch in Zukunft mit einer Hochwassergefährdung analog der Situation im Jahr 2005. Zudem wirft die „Nachhaltige Variante“ zahlreiche rechtliche Fragen in Bezug auf Haftung, Schadenersatz, Versicherungsschutz, Nutzungsplanung und Finanzierung auf. Diese Fragen sind nun in einer umfangreichen Projektstudie, für die der Stadtrat im Februar 2010 eine Erhöhung des Hochwasserschutzkredits um 590 000 auf 5,78 Millionen Franken bewilligte, untersucht und geklärt worden.

Die – von Kantons- und Bundesbehörden eng begleitete – Projektstudie wuchs sich in der Folge zu einem Pilotprojekt von nationaler Bedeutung aus. Zum ersten Mal wurde detailliert die Frage untersucht, inwiefern eine Gemeinde im Siedlungsgebiet einen reduzierten Hochwasserschutz umsetzen kann und welche Konsequenzen dies hat. Üblicherweise verlangen die Gemeinden einen höheren Schutzgrad, als die Bestimmungen von Bund und Kantonen vorgeben.

Die Projektstudie hat gezeigt, dass ein reduzierter Hochwasserschutz grundsätzlich möglich ist. Für die Umsetzung wären jedoch Einschränkungen und Auflagen in der Nutzungsplanung und im Baubewilligungsverfahren nötig, die nicht der heutigen baurechtlichen Grundordnung der Stadt Bern entsprechen. Zum Beispiel müsste die Nutzung von Unter- und Erdgeschossen insofern beschränkt werden, als technische Einrichtungen im Gebäude oder ausserhalb des Gebäudes hochwassersicher installiert werden müssten. Solche Auflagen würden somit auch den heute gültigen Zielen der Stadtentwicklung zuwiderlaufen, welche eine vielfältige Wohn- und Gewerbenutzung im Mattequartier vorsehen. Ausserdem müssten betroffene Private im Umgang mit der Hochwassergefährdung deutlich mehr Eigenverantwortung übernehmen, etwa in Form von höheren Versicherungsprämien und Selbstbehalten und/oder in Form von Investitionen in Objektschutzmassnahmen an ihren Gebäuden. Die Umsetzung der „Nachhaltigen Variante“ wäre folglich mit politischen und rechtlichen Unwägbarkeiten verbunden, deren Ausmass vorgängig schwer abzuschätzen ist.

Nachhaltige Variante: Keine zweckmässige Lösung

Eine exemplarische Schätzung der Investitionskosten für die Schutzmassnahmen an den rund hundert betroffenen Liegenschaften im Mattequartier ergab ferner, dass die „Nachhaltige Variante“ nicht viel weniger kosten würde als die bisher vom Gemeinderat verfolgte und wesentlich besseren Schutz bietende Variante „Objektschutz Quartiere an der Aare“. Ohnehin unterscheiden sich die beiden Varianten kostenmässig nur im Mattequartier: In jedem Fall muss die Ufermauer im Bereich Aarstrasse / Tych saniert werden – anders ist ein wirksamer langfristiger Hochwasserschutz für das Mattequartier nicht zu gewährleisten. Und in den übrigen Quartieren (Marzili, Dalmazi, Altenberg) ist eine Kombination der beiden Varianten möglich und zweckmässig, so dass dort für beide Varianten gleich hohe Kosten anfallen. Bezogen auf den ganzen Projektperimeter (Marzili, Dalmazi, Matte, Altenberg) werden die Kosten für die Umsetzung der Nachhaltigen Variante auf 89,5 Millionen Franken, jene der Variante „Objektschutz Quartiere an der Aare“ auf 93,5 Millionen veranschlagt. 

Fazit der Projektstudie: Als eigenständige Variante stellt die „Nachhaltige Variante“ keine zweckmässige Lösung dar. Zwar ist in den Quartieren Marzili, Dalmazi und Altenberg eine Kombination einer modifizierten Variante „Objektschutz Quartiere an der Aare“ mit der „Nachhaltigen Variante“ möglich und sinnvoll. Im Mattequartier dagegen kann nach Ansicht des Gemeinderats ein ausreichender Schutz vor Hochwasserschäden nur mit baulichen Massnahmen (Ufermauer, Grundwasserabdichtung, Drainage etc.) erreicht werden.

Synthese der beiden Varianten

Der Gemeinderat beantragt dem Stadtrat daher, auf die weitere Bearbeitung der „Nachhaltigen Variante“ zu verzichten. Stattdessen soll den Stimmberechtigten ein Projektierungskredit zur Erarbeitung eines Wasserbauplans mit der neuen Bezeichnung „Gebietsschutz Quartiere an der Aare“ unterbreitet werden. So oder so ist für den nächsten Arbeitsschritt eine Volksabstimmung nötig, weil die Finanzkompetenz des Stadtrats von sieben Millionen Franken beim Hochwasserschutzkredit mittlerweile ausgeschöpft ist.

Dieser Wasserbauplan (Bauprojekt) „Gebietsschutz Quartiere an der Aare“ soll als zielführende Synthese der Objektschutz-Variante und der Nachhaltigen Variante entwickelt werden. Insbesondere in den Quartieren Dalmazi, Marzili und Altenberg soll eine Kombination der beiden Varianten optimale Lösungen bringen. In der Matte hingegen muss nach Ansicht des Gemeinderats ein technischer Hochwasserschutz mit baulichen Massnahmen Priorität haben. Dabei sollen ausdrücklich auch Varianten ohne den beim „Objektschutz Quartiere an der Aare“ vorgesehenen und umstrittenen Quai mit öffentlichem Fussweg geprüft werden.

Der Gemeinderat bekräftigt in diesem Zusammenhang, dass er der Frage der städtebaulichen Verträglichkeit und den Anliegen des Denkmal- und Kulturgüterschutzes bei der Planung der langfristigen Hochwasserschutz-Massnahmen zentrale Bedeutung beimisst – welche Projektvariante auch immer in Zukunft weiterbearbeitet wird.

Volksabstimmung im Frühjahr 2013

Sofern der Stadtrat den Anträgen des Gemeinderats folgt, wird die Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün einen Kreditantrag für die Projektierung des Wasserbauplans „Gebietsschutz Quartiere an der Aare“ erarbeiten. Die Volksabstimmung dazu könnte im Frühjahr 2013 stattfinden.

Hinweis an die Redaktionen: Die an der Medienkonferenz präsentierten Grafiken können auf der Website www.bern.ch/hochwasserschutz heruntergeladen werden.

 

Informationsdienst der Stadt Bern

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