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Grusswort Franziska Teuscher anlässlich der Kurztagung zu 15 Jahre «avanti donne – Netzwerk von Frauen und Mädchen mit Behinderung»

17. Juni 2017

Grusswort von Gemeinderätin Franziska Teuscher, Direktorin für Bildung, Soziales und Sport, anlässlich der Kurztagung zu 15 Jahre «avanti donne – Netzwerk von Frauen und Mädchen mit Behinderung» vom Samstag, 17. Juni 2017©

Es gilt das gesprochene Wort

Liebe Frauen, werte Gäste und Anwesende

Ich freue mich, dass ich heute an Ihrem 15-Jahr-Jubiläum teilnehmen darf. Dass sich «avanti donne» dafür einsetzt, dass Frauen mit Behinderungen, insbesondere
junge Frauen und Mädchen mit Behinderungen, gestärkt und gesellschaftlich besser wahrgenommen werden, ist ganz wichtig. Tatsächlich ist es so, dass gerade Frauen
mit Behinderungen oft als «geschlechtslos» wahrgenommen werden. Und das geht nicht. Gleichstellungs- und Integrationsmassnahmen sind in der Schweiz generell noch wenig gendersensibel. Bezeichnend ist etwa, dass der «Geschlechterartikel» bei der Evaluation des Behindertengesetzes (BehiG) von 2015 keine grosse Rolle spielte.

Dass die Sensibilität für spezifische Bedürfnisse von Frauen und Mädchen mit Behinderungen noch tief ist, hat wohl auch mit dem historischen Nebeneinander von Gleichstellungsstellen zu tun. Auch die Stadt Bern pflegt hier eine veraltete Praxis, wie ich selbstkritisch sagen muss: Eine Zusammenführung der «Fachstellen für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen» und der «Fachstelle für die Gleichstellung von
Frau und Mann» wurde ja bereits mehrfach diskutiert und abgelehnt. Somit muss es ein Anliegen sein, dass die herkömmlichen Gender-Gleichstellungsstellen das Thema Behinderung mitdenken und im Gegenzug auch die wenigen Behindertenfachstellen Gender in ihrer Arbeit mitdenken. So habe ich mich gefreut zu hören, dass Angie Hagmann von «avanti donne», Barbara Krattiger, die Leiterin der «Fachstelle für die Gleichstellung von Frau und Mann» und Urs Germann, Leiter der «Fachstellung für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen», sich im Mai 2016 zu einem Austausch getroffen haben. Sie haben diskutiert, in welchen städtischen Bereichen Mehrfachdiskriminierungen relevant und welche Bereiche allenfalls besonders sensibel sind.

Solche Bereiche finden sich in folgenden Themenfeldern:

- Berufsbildung: Die städtischen Direktionen haben in den letzten zwei Jahren einiges unternommen, um die Berufsbildung von Jugendlichen zu fördern, vor
allem auch für Jugendliche mit Migrationshintergrund. Da müssen wir sicher noch breiter denken. Wichtig ist, dass jungen Frauen mit Behinderungen auch
Männerberufe resp. qualifizierte Berufsausbildungen offen stehen. Betroffene Frauen sagen oft, dass die IV jungen Frauen mit Behinderungen die klassischen
Mädchenberufe wie Coiffeuse oder eine KV-Ausbildung ans Herz legten. 
- Kinderbetreuung: Frauen mit Behinderungen, die Kinder haben, sind nach wie vor ein Tabu, was deren Sichtbarkeit und die Sensibilität für ihre Belange angeht.Die Stadt Bern hat hier grundsätzlich die Möglichkeit, bestehende Nachteile im Rahmen des Gutscheinsystems auszugleichen – über die sogenannte soziale Indikation. Umgekehrt richtet sich das Projekt «Kinder mit Behinderungen in Kitas in der Stadt Bern» an Eltern, insbesondere aber an Mütter, von Kindern mit Behinderungen. Mit dem Kita-Besuch ist für behinderte Kinder ein grosses Stück Normalität erreicht. Und das scheint mir wichtig. Tatsache ist aber nach wie vor, dass gerade Mütter von mehrfach- oder schwerbehinderten Kindern nur unzureichend entlastet werden.
- Soziale Angebote: Wichtig ist, dass soziale Angebote für junge Frauen wie beispielsweise Mädchentreff, aber auch Jugendtreffs offen und zugänglich für junge Frauen mit Behinderungen sind. Dies wäre zum Beispiel beim geplanten Jugendclub «Tankere» in der Stadt Bern der Fall. Das Gleiche gilt natürlich auch für Mädchen mit Behinderungen, die die Regelschule besuchen. Hier sind z. B. die Schulsozialarbeiter/innen besonders angesprochen. Ganz wichtig ist auch, dass Beratungs- und Interventionsangebote wie die Fachstelle häusliche Gewalt oder Frauenhäuser für Frauen mit Behinderungen barrierefrei zugänglich sind. Ich bin sehr froh, dass die Sensibilität gegenüber dem Thema Behinderung bei der Fachstelle häusliche Gewalt sehr hoch ist. 
- Kommunikation: In den «Bilderwelten», welche die staatliche Kommunikation prägen, so etwa im Internet, in Flyern und Broschüren etc., fehlen Menschen mit Behinderungen häufig, Frauen mit Behinderungen fehlen aber oft gänzlich. Wenn man «Vielfalt» ernst nehmen will, muss man auch solche Bilder korrigieren.

Ich weiss, dass die Stadt Bern noch längst nicht überall eine Vorreiterrolle einnimmt oder als Vorbild zitiert werden kann, aber ich verspreche ihnen, dass wir auf dem Weg der Bewusstseinsbildung und in der Sensibilisierungsarbeit weiter voran gehen werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Grusswort von Gemeinderätin Franziska Teuscher, Direktorin für Bildung, Soziales und Sport, anlässlich der Kurztagung zu 15 Jahre «avanti donne – Netzwerk von Frauen und Mädchen mit Behinderung» vom Samstag, 17. Juni 2017©
Titel
15 Jahre «avanti donne – Netzwerk von Frauen und Mädchen mit Behinderung», Grusswort Franziska Teuscher 17.06.2017 (PDF, 118.6 KB)

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