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Referat Franziska Teuscher anlässlich des Tags der offenen Tür «Empfangs- und Verfahrenszentrum Bern»

30. April 2016

Referat von Gemeinderätin Franziska Teuscher, Direktorin für Bildung, Soziales und Sport, anlässlich des Tags der offenen Tür «Empfangs- und Verfahrenszentrum Bern» vom Samstag, 30. April 2016©

Es gilt das gesprochene Wort

Liebe Simonetta, lieber Ueli, liebe Anwesende, werte Medienschaffende

Als ich heute Morgen die Haustüre hinter mir geschlossen hatte, nahm ich mir kurz Zeit, mich in unserem Garten umzusehen und den Vögeln zuzuhören. Da ist mir einmal mehr durch den Kopf gegangen, wie unglaublich schön es ist, ein sicheres Zuhause zu haben. Das ist ein kostbares Privileg.

Wir alle sind aber heute hier, weil es Tausende von Menschen gibt, die kein sicheres Zuhause mehr haben, die nicht wissen, wohin sie gehören und nicht wissen, wie es weiter geht. Wie sich das anfühlt, weiss ich nicht. Ich stelle es mir aber schrecklich vor. Diese Menschen sind auf unsere Hilfe, unsere Solidarität und Empathie angewiesen. Ich bin daher sehr froh, dass es uns in der Stadt Bern gelungen ist, unser Engagement in den letzten eineinhalb Jahren im Asylbereich zu verstärken. Da ist zum einen das Empfangs- und Verfahrenszentrum Bern (EVZ Bern) im ehemaligen Zieglerspital, das wir heute eröffnen. Zum anderen hat die Stadt  in den vergangenen Monaten 350 zusätzliche Plätze in oberirdischen Kollektivunterkünften bereitstellen können. Die Stadt stellt dem Kanton hierfür die ehemalige Feuerwehrkaserne Viktoria und ebenfalls hier auf dem Areal des Zieglerspitals, das Renferhaus, zur Verfügung. Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen, die bei der Erreichung dieser Ziele mitgearbeitet und mitgekämpft haben, herzlich bedanken. Im Gegenzug können wir Ende Mai endlich die unterirdische Notunterkunft Hochfeld schliessen und lösen damit ein Versprechen ein. Und: Der Gemeinderat hat auf Antrag des Kantons einer Verlängerung des Renferhauses als Kollektivunterkunft bis im Sommer 2017 zugestimmt. Dies weil das EVZ vorerst mit nur 150 Personen belegt wird, da die erforderlichen Umbauten länger als geplant dauern. Ab zirka Herbst 2017 wird das EVZ maximal 350 Personen beherbergen. Zudem werden wir im Herbst an der Reichenbachstrasse ein Zentrum, ein oberirdisches Zentrum für unbegleitete minderjährige Asylsuchende (UMA) eröffnen.

Auch in der Phase II des Asylverfahrens, die auf die Unterbringung in der  Kollektivunterkunft folgt, konnten wir zusätzlichen Wohnraum schaffen. Alleine 2015 haben wir für 200 zusätzliche Menschen Zimmer und Wohnungen gefunden. Überdies ist die Bereitschaft von Privatpersonen, Asylsuchenden ein Zimmer zu vermieten, sehr wertvoll. Denn durch die Beziehung zur hiesigen Bevölkerung wird es für die Migranten und Migrantinnen einfacher, sich in unserer Gesellschaft zu orientieren.

Unterkünfte sind aber nicht alles. Es geht auch um menschenwürdige Bedingungen. So hat sich die Stadt Bern für ein offenes Zentrum ausgesprochen und deshalb mit dem Staatssekretariat für Migration (SEM) vereinbart, dass es keine Einzäunung des Areals gibt. Die Ausgangszeiten wurden auf unseren Wunsch und in Absprache mit dem Quartier und der Gemeinde Köniz verlängert. Diese sind werktags auf 09:00 bis 20:00 Uhr festgelegt, während dem die Asylsuchenden in anderen Bundeszentren bis 17:00 Uhr freien Ausgang haben.

Uns ist es zudem sehr wichtig, den Austausch zwischen den Asylsuchenden und der Wohnbevölkerung sowie die Zusammenarbeit mit den Freiwilligen zu fördern. Zu diesem Zweck ist mit Unterstützung des Bundes eine Begegnungsstätte im Personalrestaurant des Zieglerspitals geplant. Wenn alles klappt, wird das Begegnungszentrum diesen Sommer eröffnet. Rund ums Renferhaus sind bereits viele Freiwillige, darunter  Quartierorganisationen, Kirchen und ganz viele Private, engagiert. Das Interesse und Wohlwollen vieler Quartierbewohnerinnen und Bewohner aus Bern und Köniz hat sich an einer Informationsveranstaltung im letzten Herbst bereits eindrücklich gezeigt. Es hat sich seither ein Koordinationsgremium formiert, das die Einsatzmöglichkeiten und Angebote koordiniert und über eine Website öffentlich einsehbar macht. 

Wir sind sicher, dass sich diese Arbeit fortsetzen wird, sowohl im Renferhaus und neu auch im EVZ. Im Moment konzentriert sich ein grosses Engagement auf die «Neuankömmlinge». Wir beabsichtigen, das zivilgesellschaftliche Engagement auch in der Phase II verstärkt etablieren können. Die Herausforderung liegt darin, die Freiwilligen dort abzuholen, wo sie sich engagieren können und wollen, so dass die Asylsuchenden die nötige Unterstützung erfahren. Ich danke allen Freiwilligen, die sich für die Asylsuchenden einsetzen, an dieser Stelle sehr herzlich!

Klar, gibt es auch Fragen und Ängste in der Bevölkerung, wenn es um Kollektivunterkünfte oder das EVZ geht. Das nehmen wir selbstverständlich ernst. Wir haben unter anderem deshalb eine Begleitgruppe eingerichtet, die den Betrieb des Zentrums verfolgen, Probleme besprechen und Massnahmen erarbeiten wird. Wichtig ist, dass die Begleitgruppe zudem den Auftrag hat, Anliegen aus dem Quartier aufzunehmen. Darin vertreten sind die beteiligten Organisationen vom SEM, ORS und Kanton sowie Delegierte der Gemeinden Köniz und Bern, die Kantonspolizei, Quartierorganisationen sowie eine Delegierte der Fachkommission für Integration. Die Liste der Mitglieder wird aufgeschaltet. Zudem wird es eine Hotline geben, die von ORS betrieben wird und für alle offensteht – 24 Stunden am Tag.

Die ersten Schritte zum Ankommen, die ersten Kontakte zur hiesigen Bevölkerung liegen nicht einfach in der Pflicht der Migrationsbevölkerung, auch die öffentliche Hand ist gefordert: Die Stadt – also das Kompetenzzentrum Integration - arbeitet daher eng mit der Betreuungsfirma ORS und dem Bund bezüglich gemeinnützige Beschäftigungsprogramme für Bewohner und Bewohnerinnen des EVZ zusammen. Beschäftigung wird aber auch innerhalb des EVZ gross geschrieben, so tragen die Asylsuchenden einen Teil zum Betrieb selber bei.

Die Asylsuchenden des EVZ werden sich ein paar Wochen im Zieglerspital aufhalten und danach - sofern sie nicht einen negativen Entscheid erhalten haben – den Kantonen übertragen. Sodann kommen sie in die Phase I (Kollektivunterkünfte des Kantons) und werden erst zu einem späteren Zeitpunkt der Phase II (individuelles Wohnen in den Gemeinden) zugewiesen. Derzeit führt gut die Hälfte aller Asylgesuche zu einer vorläufigen Aufnahme oder zu einer Anerkennung als Flüchtling. Rasche Integration ist insbesondere für Jugendliche und junge Erwachsene, die eine Berufslehre absolvieren können, wichtig. Die Stadt Bern will deshalb die bestehenden Programme zur beruflichen Integration des Bundes und des Kantons gezielt ergänzen. Es geht um die Förderung von Grundkompetenzen und um die Bereitstellung von zusätzlichen Beschäftigungs- und Bildungsmöglichkeiten.

Mein Herzenswunsch für heute und für die Zukunft ist es, dass wir in der Stadt Bern mit den Asylsuchenden leben und nicht neben ihnen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Referat von Gemeinderätin Franziska Teuscher, Direktorin für Bildung, Soziales und Sport, anlässlich des Tags der offenen Tür «Empfangs- und Verfahrenszentrum Bern» vom Samstag, 30. April 2016©
Titel
Tag der offenen Tür «Empfangs und Verfahrenszentrum Bern», Referat Franziska Teuscher, 30.04.2016 (PDF, 76.7 KB)

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