Glossar
In diesem Glossar werden Begriffe und Stichworte im Zusammenhang mit Themen der geschlechtlichen und sexuellen Vielfalt erklärt. Das Glossar hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit und wird laufend erweitert.
asexuelle und aromantische Menschen
Asexuelle Menschen verspüren keine sexuelle Anziehungskraft bzw. kein Bedürfnis nach sexuellen Interaktionen. Aromantische Menschen verspüren keine romantische Anziehungskraft und/oder kein Bedürfnis nach romantischen Interaktionen.
binäre Geschlechter / nicht-binäres Geschlecht
Binär bedeutet, dass etwas in Gegensätzen gedacht wird oder gegensätzlich ist. Auf das Geschlecht bezogen bedeutet dies die Annahme, dass es zwei und nur zwei Geschlechter gibt, nämlich Mann und Frau. Die Existenz von Personen mit nicht-binärer Geschlechtsidentität oder nicht ausschliesslich «männlichem» oder «weiblichem» Körper wird damit ausgeblendet.
Bezogen auf die Geschlechtsidentität bedeutet nicht-binär, dass sich eine Person gar nicht (agender) oder nur teilweise (demigender) mit dem männlichen oder dem weiblichen Geschlecht identifiziert oder sich zwischen diesen Polen bewegt (genderfluid).
Bezogen auf die biologischen Geschlechtsmerkmale bedeutet nicht-binär, dass eine Person aufgrund ihrer Chromosomen, Hormone, inneren und/oder äusseren Geschlechtsmerkmale nicht den medizinischen Normen von «männlich» oder «weiblich» entspricht (vgl. auch intergeschlechtlich).
bisexuelle Menschen
Bisexuelle sind Menschen, die sich in Frauen und in Männer verlieben können und sowohl Frauen als Männer begehren.
cis Mensch / cis-geschlechtlich / cisgender
Als cisgender wird eine Person bezeichnet, wenn das Geschlecht, mit dem sie sich identifiziert, mit dem Geschlecht übereinstimmt, welches ihr bei der Geburt zugewiesenen wurde. Beispiel: Ein Kind, das aufgrund seiner äusserlichen Geschlechtsmerkmale bei der Geburt dem weiblichen Geschlecht zugeteilt wurde, fühlt sich auch als Mädchen.
Coming-out (inkl. Fremdouting)
Das Coming-out ist die Erkenntnis, in Bezug auf die sexuelle Orientierung, die Geschlechtsidentität oder die Geschlechtsmerkmale von den heteronormativen Erwartungen der Gesellschaft abzuweichen.
Auf Deutsch «herauskommen», umfasst der Coming-out-Prozess den Weg von der eigenen Erkenntnis und Akzeptanz der eigenen sexuellen Orientierung oder Geschlechtlichkeit bis zum Informieren des Umfelds.
Im Gegensatz zum Coming-out, bei dem eine Person selber bestimmt, wann sie wem von ihrem «Anderssein» erzählen will, bedeutet der Begriff «Fremdouting», dass eine Person gegen ihren Willen als homosexuell, bisexuell, asexuell, trans, intergeschlechtlich oder anders queer geoutet wird. Jemanden ohne Absprache zu outen ist nie ok. Jede Person hat das Recht, zu jedem Zeitpunkt selber zu bestimmen, wem sie sich wann offenbaren will.
Gender
In Abgrenzung zum biologischen Geschlecht (engl. «sex») steht der Begriff «gender» für die soziale Dimensionen des Geschlechts.
Genderqueer, genderfluid
Genderqueer ist eine Bezeichnung für alle Menschen, die keine klare männliche oder weibliche Geschlechtsidentität haben. Wenn sich die Geschlechtsidentität kontinuierlich verändert, kann sich ein Mensch auch als genderfluid bezeichnen.
Genderzeichen (Genderstern, Gendergap, Genderdoppelpunkt)
Genderzeichen stehen als Platzhalter und öffnen den Raum zwischen den Polen «weiblich» und «männlich». Durch die Schreibweise mit einem Genderzeichen wird darauf hingewiesen, dass Geschlecht als Kontinuum verstanden wird und zwei Kategorien zu kurz greifen. So werden bewusst nicht nur Frauen und Männer, Jungen und Mädchen, sondern explizit auch nicht-binäre Menschen angesprochen und sichtbar gemacht. Die Diskussion rund um die Verwendung von Genderzeichen ist in vollem Gange. Welches der Genderzeichen sich in Zukunft durchsetzen wird, ist noch offen.
Genderstern
Der Genderstern ist das zurzeit am häufigsten verwendete Genderzeichen. Das typografische Zeichen des Gendersterns («Asterisk») kommt aus der Computersprache und wird als Platzhalter für eine beliebige Zeichenkette verwendet. Der Genderstern wurde bereits in den 1990er-Jahren im englischsprachigen Raum erstmals verwendet, um das Wort trans* abzukürzen bzw. mit dem Stern das Ende des Begriffs offenzulassen (transgeschlechtlich, transgender, etc.), weshalb er auch als «trans asterisk» oder «trans star» bezeichnet wurde. In den letzten zehn Jahren wurde der Genderstern zuerst im Kontext der Hochschulen, danach auch zunehmend von zivilgesellschaftlichen Organisationen, politischen Parteien und weiteren Institutionen anstelle eines Schrägstrichs, Binnen-I oder Gender-Gaps zwischen die männliche und weibliche Form von Personenbezeichnungen gesetzt. Damit dient er, ebenso wie der Gender-Gap, als Platzhalter für die geschlechtliche Vielfalt zwischen den Polen männlich und weiblich.
Manchmal wird der Genderstern am Ende eines Worts verwendet. Zum Beispiel: «Alle Mädchen* und jungen Frauen* sind im Jugendtreff willkommen». Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass alle jungen Menschen willkommen sind, unabhängig davon, ob ihre biologischen Geschlechtsmerkmale und ihre Geschlechtsidentität mit dem amtlichen Geschlechtseintrag übereinstimmen oder nicht.
Gendergap
Die Idee zum typografischen Stilmittel des Unterstrichs wurde erstmals 2003 von einem Sprachwissenschaftler vorgestellt. Der Gendergap schiebt graphisch die männliche und die weibliche Form auseinander, um dazwischen Platz für etwas Neues zu machen. Nämlich genau für jene, die sich nicht mit der zweigeschlechtlichen Ordnung identifizieren können oder wollen. Der Unterstrich dient also in erster Linie der Sichtbarmachung. Nach dem Bekanntwerden wurde der Unterstrich als Genderzeichen zunehmend in queeren, und feministischen Zusammenhängen und an Hochschulen eingesetzt, um Geschlechtervielfalt zum Ausdruck zu bringen. Der Gendergap wurde in den letzten Jahren zunehmend durch den Genderstern abgelöst.
Genderdoppelpunkt
Der Genderdoppelpunkt wurde im Zusammenhang mit der rechtlichen Anerkennung der dritten Geschlechtsoption «divers» 2018 in Deutschland und 2019 in Österreich erstmals von einigen Verwaltungen und Behörden zur Inklusion nicht-binärer Menschen verwendet. Wieso gerade der Doppelpunkt als Zeichen ausgewählt wurde, ist nicht bekannt.
Geschlechtsidentität
Das innere Wissen, welches Geschlecht ein Mensch selbst hat. Dies kann weiblich oder männlich, aber auch nicht-binär sein (z.B. genderfluid, agender, demigender, etc.).
Heteronormativität
Die Annahme, dass es zwei und nur zwei Geschlechter gibt, dass die körperlichen Geschlechtsmerkmale in jedem Fall voraussagen, welche Geschlechtsidentität jemand haben wird (Cis-Geschlechtlichkeit) und die Annahme, dass ein Mann Frauen begehrt und eine Frau Männer.
Der Begriff «Normativität» verweist auf die soziale Konstruktion dieser Ordnung durch eine gesellschaftliche Norm, welche Heterosexualität als einzig vorstellbare soziale Wirklichkeit institutionalisiert, indem sie andere Realitäten und Lebensweisen aus der Wahrnehmung des gesellschaftlich ‘Normalen’ ausschliesst; dies passiert durch Kriminalisierung, Pathologisierung, statistische Marginalisierung oder Dethematisierung.
Homosexueller Mensch (lesbisch, schwul)
Lesbische Frauen sind Frauen, die sich in Frauen verlieben und Frauen begehren.
Schwule Männer sind Männer, die sich in Männer verlieben und Männer begehren.
IDAHOBIT / IDAHOT
Jeweils am 17. Mai findet der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit statt, an dem weltweit Aktionen durchgeführt werden.
Zurückzuführen ist das Datum des IDAHOBIT auf den 17. Mai 1992. An diesem Tag wurde Homosexualität von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) offiziell als Krankheit aus dem Klassifikationssystem gestrichen. Seit Anfang 2022 wird auch Transidentität von der WHO nicht mehr unter den psychischen Störungen aufgeführt. Die Pathologisierung intergeschlechtlicher Menschen dauert noch an.
LGBTIQ
Die Abkürzung LGBTIQ kommt aus dem Englischen und ist die Abkürzung für lesbisch, schwul (gay), bisexuell, transgeschlechtlich, intergeschlechtlich und queer. Zusammenfassend sind mit LGBTIQ-Menschen all jene Personen gemeint, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtsidentität, ihrer biologischen Geschlechtsmerkmale oder ihres Geschlechtsausdrucks von der Geschlechternorm abweichen.
Unter dem Buchstaben «Q» werden manchmal nicht nur «queere» Menschen subsumiert, sondern er wird auch als Abkürzung für «questioning» verwendet, also für alle, die noch suchend oder unentschieden sind, wo und wie ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität einzuordnen ist. Die Abkürzung kann mit weiteren Buchstaben ergänzt werden z.B. «A» für aromantisch oder asexuell, «P» für pansexuell, etc.
intergeschlechtliche Menschen
Intergeschlechtlichkeit ist ein Begriff für Menschen, die mit Variationen der Geschlechtsentwicklung geboren werden. Der Körper von intergeschlechtlichen Menschen entspricht aufgrund ihrer genetischen, hormonellen und/oder anatomischen Konstitution nicht den medizinischen Normen von «weiblich» oder «männlich». Bis heute sind neben der «weiblichen» und «männlichen» viele weitere Geschlechtsausprägungen bekannt. Die meisten Variationen bedürfen keiner medizinischen Behandlung und können als Ausdruck der menschlichen Vielfalt wertgeschätzt werden. Die Geschlechtsidentität von intergeschlechtlichen Menschen kann (wie es bei biologischen Frauen und Männern auch der Fall ist) sowohl binär wie auch nicht-binär sein (vgl. binäres und nicht-binäres Geschlecht).
Der Begriff «Intersexualität» wird heute nicht mehr verwendet, weil er missverständlich ist und pathologisiert. Er geht auf das englische Wort «sex» für biologisches Geschlecht zurück. Im Deutschen suggeriert «sex» jedoch, dass der Begriff etwas mit Sexualität zu tun hat, was nicht zutrifft.
pansexuelle Menschen
Pansexuelle Menschen verlieben sich in einen Menschen unabhängig von dessen Geschlecht und Geschlechtsidentität.
Pride – Pride Monat
Die Pride, oder auch Christopher Street Day, findet meist im Juni statt. In der Schweiz gibt es zwei offizielle Pride-Demonstrationen (eine in Zürich und eine in der Romandie oder im Tessin). Dabei wird für mehr Offenheit, Toleranz und weniger Gewalt gegenüber LGBTIQ*-Menschen demonstriert.
queer
Queer ist ein englisches Wort und bedeutet «seltsam, komisch». Ursprünglich als Schimpfwort angewendet, wurde «queer» von der LGBTIQ*-Community umgedeutet. Heute ist es ein Begriff für alle Leute, die nicht der heterosexuellen cis-Geschlechternorm entsprechen.
«Rainbow Europe» Ranking
Im Rainbow Ranking der International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association ILGA werden 57 Indikatoren aus sechs Bereichen erfasst und bewertet:
- Gleichstellung und Nicht-Diskriminierung
- Partnerschaft und Familie
- Hassverbrechen und Hassreden
- Rechtliche Situation bei der Änderung von Name und amtlichem Geschlecht sowie Schutz der körperlichen Integrität
- Meinungsfreiheit und zivilgesellschaftliche Beteiligung
- Asylrecht
Regenbogenfahne
Das Regenbogensymbol mit den sechs Farbstreifen ist seit den 1970er-Jahren ein internationales Zeichen für die schwule und lesbische Gemeinschaft. Auch wenn jede der einzelnen Gruppen der LGBTIQ* Community auch ihre eigenen Fahnen haben, dient die Regenbogenfahne nicht nur als Zeichnen der Schwulen und Lesben, sondern manchmal auch als Symbol für die gesamte LGBTIQ*-Community und deren bunten Vielfalt.
transgeschlechtlich / transgender
Als transgender wird eine Person bezeichnet, dies sich nicht (oder nicht nur) mit dem Geschlecht identifiziert, das ihr bei der Geburt zugewiesenen wurde. Beispielsweise wurde ein Kind aufgrund seiner äusserlichen Geschlechtsmerkmale bei der Geburt dem männlichen Geschlecht zugeteilt, fühlt sich aber nicht als Junge (vgl. auch cisgender).
Transition
Der Prozess einer Person, in dem sie ihr Geschlecht medizinisch, sozialen und/oder juristische an die gefühlte Geschlechtsidentität angleicht.
Eine Transition kann beispielsweise einen oder mehrere der folgenden Schritte beinhalten: Das Coming-Out bei gegenüber der Familie, Freund*innen und Bekannten, sich der Geschlechtsidentität gemäss kleiden, den Vornamen ändern, den Personenstand ändern, eine Hormontherapie beginnen, chirurgische Anpassung am Körper vornehmen.
trans Mensch
Trans Menschen fühlen sich nicht (oder nicht nur) demjenigen Geschlecht zugehörig, dem sie aufgrund ihrer körperlichen Merkmale bei der Geburt zugewiesen wurden.
Trans Mädchen und trans Frauen sind Mädchen bzw. Frauen, die mit einem männlichen Körper geboren worden sind.
Trans Jungen und trans Männer sind Jungen bzw. Männer, die mit einem weiblichen Körper geboren worden sind.
Es gibt auch nicht-binäre trans Menschen (vgl. Binäres und nicht-binäres Geschlecht).
Zugewiesenes Geschlecht
Das zugewiesene Geschlecht ist das biologische Geschlecht, welches bei der Geburt einer Person zugeteilt wird. In immer mehr Ländern gibt es die Möglichkeit, neben «männlich» und «weiblich» eine 3. Option zu wählen, in Deutschland und Österreich zum Beispiel die Option «divers». In manchen Ländern gibt es auch die Möglichkeit, den Geschlechtseintrag (vorerst) offen zu lassen.
- Gender Glossar gender-glossar.de/
- Du bist Du Glossar du-bist-du.ch/infopool/lexikon
- ILGA Glossar (Englisch) ilga-europe.org/resources/glossary
- Pro Familia Deutschland profamilia.de/Glossar_sexuelle_Vielfalt
- Rainbow Project Europa Glossar rainbowproject.eu/material/de/glossary