Urs Mannhart
Der Schriftsteller Urs Mannhart arbeitete als Velokurier, als Nachtwächter in einem Asylzentrum und als Journalist. Derzeit wirkt er in der biodynamischen Landwirtschaft. Als Reisender pflegt Mannhart den literarischen Journalismus. In seinen Texten vermag Urs Mannhart uns mit wenigen, präzisen Worten die unterschiedlichsten Menschen mit grossem Gespür nahe zu bringen.
Laudatio der städtischen Literaturkommission
Grenzenlose Neugierde
«Stockdunkel war es, und alles ging zu schnell.» (Luchs, 2004)
«[…] in der Dämmerung […] und einem verstörend vollen Mond» (Die Anomalie des geomagnetischen Feldes südöstlich von Domodossola, 2006)
«Die Quartierstrasse lag völlig im Dunkeln» (Bergsteigen im Flachland, 2014)
In allen Anfangssätzen der drei Romane von Urs Mannhart kommt das Dunkle vor und es stellt sich beim weiteren Lesen der Bücher immer wieder die Frage: Wem oder was steht der Mensch gegenüber? Der Autor erweckt den Eindruck, als zeichne er mit weit ausholenden Gesten - aber unaufdringlichen Farben - die gewaltigen Umrisse von Grössen wie etwa dem Dunkeln, der Natur, dem Töten, dem Lieben als Kontinente auf eine Landkarte. Sie bestimmen in ihrer gleichgültigen unerschütterlichen Art die Grossansicht - wohlwissend, dass sie gemessen an einem Menschenleben ewig sind.
Wo ist nun der Mensch? Wie steht er in diesen Landschaften? Hat er eine Chance? Er ist sehr klein im Vergleich und bliebe auf dieser Karte wohl unerkennbar und hoffnungslos winzig für uns. Zum Glück interessiert sich Urs Mannhart aber gerade sehr für diese einzelnen Figuren auf diesen grossen Flächen. Der Autor zoomt zu den unterschiedlichsten Menschen, welche sich in den verschiedensten Regionen und Lebenssituationen befinden, heran. Durch sein Vergrösserungsglas beobachtet er sie, verknüpft und verbindet manche mit feinen Linien. Mit grossem Gespür teilt er uns seine Beobachtungen mit – unaufgeregt, beschreibend und mit der Distanz des journalistischen Blicks. Bei aller Distanz, welche der Art seines Erzählens geschuldet ist, sind es keine distanzierten Geschichten. Sie alle sind aktuell und als solche erkennbar gemacht. In seinen Romanen Luchs und Bergsteigen im Flachland schafft es Urs Mannhart seine vielen Figuren und ihre Geschichten gleichwertig nebeneinander zu stellen. Es geht in erster Linie nicht darum, sich mit einer Person bzw. der Hauptfigur zu identifizieren, sondern, sie alle zu sehen: An den diversesten Orten, an welche es sie oft unwillentlich verschlagen hat, in den vertracktesten Lebenssituationen, welche meistens äusseren Umständen geschuldet sind. Es gibt keine Langeweile mit ihnen und es spielt keine Rolle, in welcher Erdregion, Kultur, Geschichte sie sich befinden. Urs Mannhart versteht es, sie mit wenigen feinen Strichen aber intensiven Farben auf die grosse Landkarte zu zeichnen und sie so lebendig und menschlich wie wir alle es sind, für uns festzuhalten.
Für diese grosse Arbeit scheut er keinen Aufwand. Das Resultat sind äusserst interessante und unglaublich spannende Texte.
Wir freuen uns auf sein nächstes und hoffentlich umfangreiches Werk!