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Pestzug 1439

Während der Pest von 1439 starben innerhalb von fünf Monaten über 1'100 Stadtbewohner.

Nachdem die Einwohnerschaft Berns 1411[1] und 1419[2] erneut von zwei Seuchenzügen heimgesucht worden war, kam es im Jahr 1439 zur ersten schweren Pestepidemie des 15. Jahrhunderts. Der Ausbruch der Krankheit stand in Zusammenhang mit einer verstärkten Lebensmittelteuerung in Stadt und Landschaft, die durch einen ungewöhnlich späten Schneefall im März 1438 ausgelöst worden war.[3] Der Ratsherr und Chronist Benedikt Tschachtlan berichtet, dass innerhalb von fünf Monaten über 1‘100 Menschen gestorben seien, wobei an einem Tag bis zu 24 Todesfälle zu beklagen waren.[4] Der Rat sah sich kurz nach Ausbruch der Krankheit am 30. August 1439 sogar dazu genötigt, wegen der wachsenden Zahl von Todesfällen eine neue Ordnung für die Sigriste und Totengräber in die Satzungsbücher einschreiben zu lassen. Er legte die Tarife für das Läuten der Totenglocken sowie das Begraben der Verstorbenen fest, wobei er die Begräbniskosten hierarchisch nach der Grösse der zu läutenden Glocken zwischen 2 Schillingen für weniger Vermögende und einem Gulden und 18 Schillingen für Vermögende festlegte.[5]

Massenwallfahrt zu den Beatushöhlen

Die Ängste, die allein schon das Gerücht über das Herannahen einer neuen Pestwelle in der Stadtbevölkerung hervorriefen, lassen sich für das Jahr 1439 für einmal etwas genauer dokumentieren: Am 15. Juli 1439 benachrichtigte der Berner Rat seine Ratskollegen in Thun, dass er in Erwartung des bevorstehenden Pestausbruchs eine Massenwallfahrt der Bürgerschaft zur Sankt Beatus Kapelle am Thunersee zu organisieren beabsichtige.[6] Er kündigte an, dass er am 21. Juli mit einem grossen volk nach Thun kommen werde, um von dort aus – wenn möglich mit Schiffen – am nächsten Tag zu den Beatushöhlen weiterzureisen. Er bitte deshalb die Einwohnerschaft Thuns, sich auf die Ankunft der bernischen Wallfahrer vorzubereiten, damit diese beherbergt und ausreichend verpflegt werden könnten.

Roland Gerber, 13.11.2017



[1]    In einer am 16. September 1411 erlassenen Stadtsatzung spricht der Rat davon, nemlich als ietz frowen und man snellenklich sterbent; SSRQ Bern I/2, Nr. 260, S. 118.

[2]    Am 29. Oktober 1419 beklagt sich der Rat darüber, dass die Stadt haben angesehen grosen kumber und gebresten, den biderb lüt habent in grossen gechen toeden, die nu in vil landen und ouch leider bi uns richsnend als swarlich und schnell; SSRQ Bern I/2, Nr. 64, S. 32.

[3]    Theodor von Liebenau, und Wolfgang von Mülinen, (Hg.): Diebold Schillings Berner Chronik von 1424-1468, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 13 (1893), S. 431-600, hier Nr. 4, S. 466. Zur Teuerung von 1437 bis 1439 vgl. Hans Morgenthaler: Teuerungen und Massnahmen zur Linderung ihrer Not im 15. Jahrhundert, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 26 (1921/22), S. 1-66, hier S. 2-7.

[4]    Theodor von Liebenau, und Wolfgang von Mülinen, (Hg.): Diebold Schillings Berner Chronik von 1424-1468, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 13 (1893), S. 431-600, hier Nr. 5, S. 467

[5]    SSRQ Bern I, Nr. 234 (30. August 1439) und Hans Morgenthaler: Bilder aus der älteren Geschichte der Stadt Bern, Bern 1935 (2. Auflage), S. 208 f.

[6]    Emanuel von Rodt (Hg.): Reyss wegen der Pest nach St. Beat, in: Der Schweizerische Geschichtsforscher 2 (1817), S. 393f.

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