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Gedingbürger

Die Beziehungen zu sozial hochgestellten Ausbürgern wie adligen und geistlichen Herren regelte der Rat in speziellen Burgrechtsverträgen.

Die Gedingbürger bildeten einen exklusiven Kreis privilegierter Bürger, deren Rechte und Pflichten Schultheiss und Rat (Schultheiss und Rat) in speziellen Verträgen, den so genannten Burgrechten, schriftlich regelten.[1] Zur Gruppe dieser Gedingbürger gehörten einerseits sozial hochgestellte Herrschaftsträger wie Kleriker und adlige Gerichtsherren (Weltliche und geistliche Gerichtsherren) sowie andererseits nur für eine bestimmte Zeit in Bern ansässige Personen wie Kaufleute und Lombarden (Lombarden und Kawertschen) sowie Juden (Juden), die einer nichtchristlichen Religionsgemeinschaft angehörten. All diesen Personengruppen kam während des Spätmittelalters eine wichtige politische und ökonomische Bedeutung zu. Da ein Grossteil der Gedingbürger nur für eine gewisse Zeit oder wie die adligen Ausbürger und Kleriker überhaupt nicht in Bern residierten, war es für den Rat schwierig, deren geschworenen Pflichten (Bürgerpflichten) zu kontrollieren. Schriftliche Vereinbarungen mit Gedingbürgern waren entsprechend veränderlich und wurden vom Rat laufend den momentanen herrschaftlichen und politischen Verhältnissen in Stadt und Landschaft angepasst (Ausdehnung der Ratsherrschaft auf die Landschaft). Die seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert in grosser Zahl überlieferten Burgrechtsverträge widerspiegeln damit in besonderer Weise die jeweiligen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse Berns zur Zeit des Vertragsabschlusses. Während bei Ausbürgern (Ausbürger) vor allem herrschaftliche und militärische Bestimmungen im Vordergrund der gegenseitigen Abmachungen standen, waren es bei Kaufleuten, Juden und Lombarden deren wirtschaftlichen Aktivitäten im Waren- und Geldhandel. Die Gedingbürger genossen im Gegenzug den Schutz des bernischen Gerichts (Stadtgericht), dessen Zuständigkeit sich seit dem beginnenden 14. Jahrhundert kontinuierlich auch auf die Landschaft ausdehnte.

Roland Gerber, 14.07.2018



[1]    Neben dem Begriff «Gedingbürger» finden sich auch Begriffe wie «Paktbürger» oder «Satzbürger». Vgl. dazu Claudia Kalesse: Bürger in Augsburg. Studien über Bürgerrecht, Neubürger und Bürger anhand des Augsburger Bürgerbuchs I (1288-1497), Dissertation maschinenschriftlich, Augsburg 1997, S. 113f.; sowie Eberhard Isenmann: Bürgerrecht und Bürgeraufnahme in der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Stadt, in: Neubürger im späten Mittelalter, hg. von Rainer C. Schwinges (Beiheft der Zeitschrift für Historische Forschung 25), Berlin 2002, S. 203-249.

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