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Juden erhalten befristetes Bürgerrecht

Die Rechte und vor allem die zahlreichen finanziellen Pflichten der Juden regelte der Rat in eigenen Verträgen.

Nachdem die jüdischen Geldhändler (Geldhändler und Wechsler) bei Ausbruch der Pest (Schwarzer Tod 1349) 1349 noch der Vergiftung von Brunnen bezichtigt und deshalb verfolgt worden waren, berief der Rat diese nach 1370 wieder nach Bern.[1] Er stellte Juden wie Lombarden unter seinen besonderen Schutz, deren Rechte und Pflichten (Bürgerpflichten) er in speziellen Verträgen schriftlich regelte. Die Niederlassung der Juden (Juden) war wie jene der christlichen Geldhändler zeitlich befristet und musste periodisch durch finanzielle Leistungen erneuert werden. So erhielt der Säckelmeister (Säckelmeister) 1376 insgesamt 78 Gulden von den juden ausbezahlt.[2] 1383 entrichtete der jüdische Geldhändler Meister Ysaak dann einen Betrag von 50 Gulden in den Stadtsäckel.[3] Meister Ysaak, der aus dem elsässischen Thann nach Bern zugewandert war, wird in den Schuldbriefen zusammen mit dem Juden Meister Matthias Eberli und dessen Ehefrau Esther als Bürger von Bern bezeichnet.[4] Meister Ysaak bewohnte 1389 ein Wohnhaus in der nördlichen Häuserzeile der oberen Gerechtigkeitsgasse im Bereich der Niederen Fleischschal (Fleisch- und Brotschalen).[5] Ebenfalls im Besitz jüdischer Gedingbürger (Gedingbürger) befanden sich 1389 mehrere Liegenschaften an der nördlichen Postgasse, wo sich seit dem 15. Jahrhundert die Antonierkirche (Antonierspital) befand. Im Jahre 1384 erhielten die Juden Matthias Eberli und Simon Menneli von der Stadt 10 Pfund ausgerichtet, damit sie ihr Haus an der Postgasse mit feuerresistenten Ziegeln deckten.[6] Simon Menneli betätigte sich im Unterschied zu seinen Glaubensgefährten nicht nur als Geldwechsler, sondern er kümmerte sich als Arzt auch um die medizinische Versorgung der Bürger. Simon Menneli stand sogar in einem festen Anstellungsverhältnis zur Stadt und erhielt wie die übrigen städtischen Dienstleute jeweils an den vier Fronfasten ein Dienstgeld von mehreren Schillingen ausgerichtet.[7] Der Säckelmeister bezahlte dem jüdischen Arzt zudem wiederholt kleinere Beträge, weil er Personen verarztete, die in der burger dienst gewirsot [verwundet] wurden.[8]

Roland Gerber, 14.07.2018



[1]    1349 fragten die Städte Basel, Freiburg und Strassburg beim Berner Rat an, wie die Juden die Brunnen in Zofingen und Bern vergiftet hätten. Der Rat sandte daraufhin einen gefangenen Juden nach Strassburg, wo dieser sein unter Folter erpresstes Geständnis wiederholen musste: Man dümelte etliche Juden zu Berne und Zovingen. Die verjohent, das si vergift hettend in vil brunen geton und vant men ouch die vergift in den brunen. Do verbrante men sü in vil stetten und verschreip diese geschicht gein Strosburg, Friburg und Basel, das sü ire Juden ouch soltend verbrünen; Gustav Tobler: Zur Geschichte der Juden im alten Bern bis 1427, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 12 (1889), S. 336-367, hier 358, Anm. 2. Zur wachsenden Marginalisierung der Juden im 14. und 15. Jahrhundert vgl. auch Frantisek Graus: Juden und andere Randgruppen in den Städten des Spätmittelalters, in: Alternative Welten in Mittelalter und Renaissance, hg. von Ludwig Schrader (Studia humaniora 10), Düsseldorf 1988, S. 87-109, hier 92-107 (mit thematisch gegliederter Bibliographie).

[2]    Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Stadtrechnungen von Bern aus den Jahren 1375-1384, Bern 1896, hier Stadtrechnungen 1376/I, S. 36f.

[3]    Ebda.: Stadtrechnungen 1383/I, S. 251.

[4]    Gustav Tobler: Zur Geschichte der Juden im alten Bern bis 1427, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 12 (1889), S. 336-367, hier 344. Zum Bürgerrecht von Juden vgl. auch Claudia Kalesse: Bürger in Augsburg. Studien über Bürgerrecht, Neubürger und Bürger anhand des Augsburger Bürgerbuchs I (1288-1497), Dissertation maschinenschriftlich, Augsburg 1997, S. 136-146; sowie als jüngere Gesamtdarstellung Klaus Lohrmann: Bemerkungen zum Problem «Jude und Bürger», in: Juden in der Stadt, hg. von Fritz Mayrhofer und Ferdinand Opll (Beiträge zur Geschichte der Städte Mitteleuropas 15), Linz 1999, S. 145-165.

[5]    Udelbuch von 1389, Staatsarchiv Bern, B XIII 28, S. 118.

[6]    Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Stadtrechnungen von Bern aus den Jahren 1375-1384, Bern 1896, hier Stadtrechnungen 1384/I, S. 326.

[7]    Zum Beispiel ebda.: Stadtrechnungen 1375/I, S. 9 und 1382/II, S. 234.

[8]    Ebda.: Stadtrechnungen 1376/I, S. 43 und 1384/I, S. 317.

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