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Pogrom von 1398

Nachdem immer mehr Gläubiger in finanzielle Abhängigkeit zu jüdischen Geldverleihern geraten waren, entlud sich deren Wut 1398 in einem erneuten Pogrom.

Am 12. April 1391 beschlossen Schultheiss und Rat (Schultheiss und Rat) trotz des wachsenden Unmuts gegen die nichtchristlichen Geldverleiher (Geldhändler und Wechsler), das bestehende Bürgerrecht (Aufnahme ins Bürgerrecht) des Juden Benjamin und seiner Ehefrau zusammen mit ihren Kindern und Dienstleuten für weitere sechs Jahre zu verlängern.[1] Bereits ein Jahr später liess sich der Rat jedoch vom römisch-deutschen König Wenzel aus dem Hause Luxemburg vorsorglich das Recht übertragen, alle stewre, genyssen [Abgaben] und schaczunge von den in Bern ansässigen Juden (Juden) einziehen zu dürfen.[2] Der Rat verschaffte sich auf diese Weise die rechtlichen Mittel, falls nötig, gegen die stadtsässigen Juden vorzugehen, ohne dabei Sanktionen seitens des Königs befürchten zu müssen.[3]

Nachdem bereits 1389 ein Wohnhaus an der oberen Junkerngasse als Eigentum des Juden Benjamin aufgeführt worden war und nach 1392 auch Anteile der Bubenberghäuser (Familie von Bubenberg) in den Pfandbesitz jüdischer Geldwechsler übergingen, entlud sich die Wut der Bürger um 1398, als es auch in Süddeutschland zu zahlreichen Übergriffen gegen Juden kam, in einer erneuten Vertreibung jüdischer Familien aus Bern.[4] Der Rat löste wie schon 1293 die bestehenden Schuldbriefe der jüdischen Gläubiger auf und konfiszierte deren Besitzungen innerhalb der Stadtmauern. 1404 befanden sich die Bubenberghäuser jedenfalls im Besitz der Stadt, die diese am 22. September wieder an Heinrich III. von Bubenberg verkaufte.[5] Auch die Liegenschaften des jüdischen Arztes Simon Menneli an der Postgasse wurden beschlagnahmt. Auf den konfiszierten Besitzungen des Juden erbauten die Antoniter nach 1444 ein kleines Spital mit dazugehöriger Kapelle (Antonierspital).

Roland Gerber, 14.07.2018



[1]    Gustav Tobler: Zur Geschichte der Juden im alten Bern bis 1427, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 12 (1889), S. 336-367, hier 347f.

[2]    SSRQ Bern III, Nr. 107, S. 315f. (2. Mai 1392).

[3]    Der Rechtsstatus der Juden im Römisch-deutschen Reich wurde seit dem Judenprivileg Kaiser Friedrichs II. von 1236 zur servitus camerae imperialis (Kammerknechtschaft) umgedeutet. Die Juden konnten deshalb von Kaisern und Königen wie Regalien an einzelne Fürsten und Städte verliehen oder verkauft werden; Hans-Jörg Gilomen: Städtische Sondergruppen im Bürgerrecht, in: Neubürger im späten Mittelalter, hg. von Rainer C. Schwinges (Beiheft der Zeitschrift für Historische Forschung 30), Berlin 2002, S. 125-167.

[4]    Udelbuch von 1389, Staatsarchiv Bern, B XIII 28, S. 28. Ob diese Vertreibung in Zusammenhang mit der Verurteilung einzelner Bürger stand, die der Rat um 1400 der Ketzerei beschuldigte, kann nur vermutet werden. Vgl. dazu Gottlieb Studer (Hg.): Die Berner Chronik des Conrad Justinger, Bern 1871, Nr. 303, S. 186: Daz etlich lüte ze Berne in ungelouben funden wurden; sowie die Abrechnung des Säckelmeisters um das Geld der Ungläubigen wegen vom 21. Juni 1401; Restanzenrechnung A (1394-1418), Stadtarchiv Bern, SAB_A_10_1, S. 137f.

[5]    Paul Hofer und Bernhard Schmid: Der Erlacherhof in Bern vom 14. bis 20. Jahrhundert, in: Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde (1942), S. 176f.

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