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Stadtrecht

Das Stadtrecht umschrieb die von Schultheiss und Rat ausgeübte Gerichtsbarkeit innerhalb der Stadtgrenzen.

Die von Schultheiss und Rat ausgeübte Gerichtsbarkeit innerhalb der Stadt Bern gründete auf einem einheitlichen Stadtrecht, dessen Zuständigkeit durch hölzerne Kreuze entlang der so genannten Stadt- oder Burgernziele von den umliegenden Landgerichtsbezirken geschieden war.[1] Das Stadtrecht kannte im Unterschied zu den ländlichen Rechtsformen weder geburtsständige Sonderrechte und Privilegien einzelner Personen oder Personengruppen noch duldete dieses Blutrache, Fehde und andere Mittel gewalttätiger Selbsthilfe.[2] Mit dem Wegfall der meisten feudalen und grundherrlichen Rechte wie Todes- und Erbschaftsabgaben sowie der formalen Gleichstellung im Eherecht erhielten die Bewohner Berns bereits im 13. Jahrhundert die Möglichkeit, ihre in Handel und Gewerbe gemachten Gewinne anzuhäufen und die erworbenen Vermögen innerhalb des eigenen Familienverbands weiterzuvererben (Vermögensentwicklung seit 1389). Die traditionellen Werte ländlicher Herrschaften wie Grundbesitz und Standeszugehörigkeit verloren dadurch ihre ursprüngliche Bedeutung und wurden allmählich durch neue, spezifisch städtische Werte wie Geldwirtschaft und persönliche Leistung ersetzt. Zu den besonderen Kennzeichen dieses kommunalen Erwerbslebens gehörten seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert fortschreitende berufliche Differenzierung, wachsende Vermögensunterschiede sowie eine gesteigerte soziale Mobilität (Wirtschaftliche Auf- und Absteiger).[3]

Roland Gerber, 22.06.2018



[1]    Die erste Beschreibung der bernischen Stadtziele findet sich im Jahre 1336 in den Satzungsbüchern: [...] mit namen niden uss [...] indrunt Brunadren, Kalchnegge und alz die Lutsche gat in Worwelen, und als Worwele von des ab gat in Are, und oben uss inrunt das naher Wabren disent dem bach und Grossenstein, Wissenstein und dem Dornbuel untz [bis] an den weg gegen Engi, alz die krütze stant [...]; SSRQ Bern I/2, Nr. 25, S. 11 (21. Januar 1336). Zum geografischen Verlauf der Stadtziele vgl. auch Kdm Bern I, S. 6f. (mit Karte).

[2]    Gerhard Dilcher: Bürgerrecht und Stadtverfassung im europäischen Mittelalter, Köln/Weimar/Wien 1996, S. 67-115; sowie Eberhard Isenmann: Die deutsche Stadt im Spätmittelalter 1250-1500. Stadtgestalt, Recht, Stadtregiment, Kirche, Gesellschaft, Wirtschaft, Stuttgart 1988, S. 74-89.

[3]    Karl Bosl: Über soziale Mobilität in der mittelalterlichen «Gesellschaft». Dienst, Freiheit, Freizügigkeit als Motive sozialen Aufstiegs, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 67 (1980), S. 306-332.

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