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Hochgerichtssitz des Schultheissen

Auf dem Gerichtsstuhl in der Mitte der Kreuzgasse übten die Schultheissen seit dem 13. Jahrhundert die Blutgerichtsbarkeit im Stadtgebiet aus.

Das wichtigste Symbol kommunaler Autonomie seit der Zerstörung der zähringischen Stadtburg bei Nydegg (Nydeggstalden) um 1268 war der in der Mitte der Kreuzgasse errichtete Hochgerichtssitz des Schultheissen. Auf diesem übten Berner Schultheissen seit dem 13. Jahrhundert in Stellvertretung des römisch-deutschen Königs die Blutgerichtsbarkeit innerhalb der Stadt und seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert auch in den benachbarten Landgerichtsbezirken (Entstehung des städtischen Territoriums) aus.[1] Der ursprünglich aus Holz errichtete Gerichtsstuhl wurde in spätgotischer Zeit aus repräsentativem Stein neu erbaut und hatte nach einer Beschreibung des Handwerksgesellen Sebastian Fischer aus Ulm von 1534 folgendes Aussehen: Der Schultheissensitz war hipsch aussgehawen uss stainwerck gemacht und send der sytz oder stiel drey nebenainander: Uff dem ainen stul sitzt der grosswaybel und ist angethan mit harnach [Harnisch] und hat ain streytthammer in seiner hand, uff dem andern stul sytzt der gerichtschreyber, der die veryicht [Bekenntnisse] list, zwischen denen zwayen uff dem mittlen stul, da sitzt der schulthayss in kostliche klayder angethon und ain sylberin zepter in der hand.[2]

Bis zum Neubau des Rathauses 1406 bis 1417 (Rathaus) fanden vor dem Richterstuhl an der Kreuzgasse jeweils die Verkündung von Todesurteilen und Enthauptungen statt. Konrad Justinger berichtet fürs Jahr 1324, dass der Edelmann Walter Senn als Vergeltung für die Hinrichtung des Berner Venners (Venner) Johannes Regenhut in Le Landeron während eines Kriegszugs gegen die Grafen von Neuenburg mitten in der Kreuzgasse enthauptet worden sei.[3] Grosses Aufsehen erregten auch die Verurteilung eines Ketzers namens Löffler, der 1375 durch den bischöflichen Offizial von Lausanne und andern gelerte lüte ze Berne in der crützgassen offentlich verurteilet und anschliessend westlich der Stadt verbrannt wurde, sowie die Aburteilung von vier Dominikanermönchen im Mai 1509, die der priesterlichen Immunität beraubt und auf dem ”Schwellenmätteli” dem Feuertod überantwortet wurden.[4]

Roland Gerber, 10.02.2018



[1]    Hans Morgenthaler: Bilder aus der älteren Geschichte der Stadt Bern, Bern 1935 (2. Auflage), S. 160-173.

[2]    Ebda., S. 169.

[3]    Gottlieb Studer (Hg.): Die Berner Chronik des Conrad Justinger, Bern 1871, Nr. 103, S. 57 f.: [...] Des wart ein venre von bern gevangen, der hies Regenhut, und wart darnach in der gevengnisse ertödet [...].

[4]    Gottlieb Studer (Hg.): Die Berner Chronik des Conrad Justinger, Bern 1871, Nr. 228, S. 147 f; sowie Heinrich Türler: Zur Topographie der Kreuzgasse und der Gerechtigkeitsgasse in Bern, in: Neues Berner Taschenbuch (1899), S. 121-138, hier 123f.

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