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Ritter Konrad III. von Burgistein

Konrad III. von Burgistein war der letzte Vertreter eines Adelsgeschlechts, das als Gegner Berns negative Berühmtheit erlangt hatte.

Der steile politische Aufstieg Konrad von Burgisteins von einem von auswärts zugezogenen Adligen zu einem angesehenen Mitglied des Berner Rats war ihm keineswegs in die Wiege gelegt worden. Noch sein Grossvater, Jordan III. von Burgistein, hatte während des Laupenkriegs (Laupenkrieg von 1339) offen Partei für die Feinde Berns ergriffen. Er war deshalb nach verlorener Schlacht am 21. Juni 1339 von einem städtischen Armbrustschützen durch einen gezielten Schuss auf der Ringmauer seiner Burg erschossen worden. Entsprechend höhnisch kommentierte Konrad Justinger den Tod des Ritters mit den Worten: ich wölt, wer gern krieg und unglück sachi [sähte], das im ouch sin teil also wurde.[1] Im Jahr 1383 war es dann Kraft von Burgistein, der zusammen mit Petermann von Thorberg die Burg Friesenberg oberhalb Wynigens gegen eine bernische Kriegsmannschaft verteidigte. Da sich die beiden Adligen nicht auf eine bedingungslose Kapitulation verständigen konnten, wurde die Burg von den Bernern schliesslich gestürmt und die zwene über die vesti usgeworfen und die andren erstochen.[2]

Im diplomatischen Dienst des Rats

Erstmals urkundlich erwähnt werden Konrad III. von Burgistein und sein Bruder Peter im Jahr 1362, als sie einen Garten in der Stadt Bern an der heutigen Kochergasse und Güter im Wert von 250 Pfund in Thurnen verkauften.[3] 1371 erscheint der Adlige dann als Bürger von Thun, wo er verschiedene Mühlen besass.[4] Kurz darauf siedelte er nach Bern über, wozu er am nördlichen Ausgang der Kreuzgasse mehrere Wohnhäuser abreissen und an jener Stelle, wo sich heute das zwischen 1406 und 1417 erbaute Rathaus (Rathaus) befindet, einen repräsentativen Adelshof errichten liess.[5] 1375 war er Berner Bürger und begleitete die Ratgesandtschaft, welche die Stadt Thun von den Grafen von Kiburg in Besitz nahm.[6] Wahrscheinlich seit 1381 sass Konrad von Burgistein im Kleinen Rat, in dessen Namen er an verschiedenen hochrangigen Gesandtschaften zu auswärtigen Fürsten teilnahm. Anfang 1382 ritt er mit dem Schultheissen Konrad von Seedorf nach Baden, der sich dort der Neutralität Herzog Leopolds III. von Österreich in dem sich anbahnenden Krieg gegen die Grafen von Kiburg versicherte.[7] Im Winter 1382/83 reiste er mehrere Male neben anderen Ratsherren zur Gräfin Bonne de Bourbon, der Ehefrau des im März 1383 gestorbenen Grafen Amadeus VI. von Savoyen, sowie zum Schultheissen von Freiburg, um diese aufgrund der bestehenden Bündnisverpflichtungen um militärischen Zuzug zu mahnen.[8] Und am 4. April 1384 befand sich der Ritter in der hochrangigen Ratsdelegation, die in Murten mit Graf Amadeus VII. das Landfriedensbündnis zuo ewigen ziten besiegelte.[9]

Erfolgreicher Heerführer

Konrad III. von Burgistein war aber nicht nur ein versierter Diplomat, sondern er zeichnete sich auch als Heerführer aus. Während des Burgdorferkriegs (Burgdorferkrieg von 1383) befehligte er städtische Kriegsmannschaften zwischen 15 und 30 bewaffneten Männern.[10] Dabei scheint er weder sich noch sein Reitpferd geschont zu haben – das zweimal auf Kosten der Stadt verarztet werden musste.[11] Während des bernischen Angriffs auf Freiburg im Spätsommer 1386, der auf beiden Seiten zahlreiche Tote forderte, wurde Konrad von Burgistein zusammen mit dem Schultheissen Otto von Bubenberg (Familie von Bubenberg) wegen seinem Mut vor dem Feind dann sogar zum Ritter geschlagen.[12]

Adliger Geldkaufmann

Die hohe Geburt Konrad von Burgisteins hinderte ihn jedoch nicht daran, neben den für Adlige typischen Tätigkeiten als Diplomat und Truppenführer auch Darlehensgeschäfte mit den in Bern ansässigen Geldkaufleuten abzuschliessen. Die Heirat seines Vaters mit der Erbtochter des vermögenden Kaufmanns Werner (IV) Münzer (Münzer) ermöglichte es ihm, ein adliges Beziehungsnetz auf dem Land zu pflegen und gleichzeitig mit einträglichen Finanzgeschäften ein ansehnliches Vermögen zu erwerben.[13] Zwischen 1375 und 1384 trat er regelmässig als Bürge in Kreditgeschäften des Berner Rats auf. 1389 versteuerte der Ritter dann ein Vermögen von 3 500 Gulden (Vermögensentwicklung).[14] 1392 erwarb er von den «Lombarden» in Bern für 115 Gulden verschiedene Zehntrechte in Thurnen.[15] Daneben verbürgte er sich für eine Schuld des Notabeln Peter (V) von Krauchthal in der Höhe von 60 Gulden gegenüber dem Prior von Rüeggisberg.[16] Besonders anschaulich manifestiert sich diese «doppelte» Lebenswelt des Ritters als adliger Grundherr und städtischer Geldkaufmann in einem Rechtsspruch aus dem Jahr 1395: Darin anerkannte das Ratsgericht die Echtheit einer Krediturkunde, die ein Adliger vor einiger Zeit Konrad von Burgistein zur Aufbewahrung in seinem Stadthaus an der Kreuzgasse übergeben hatte. Die Beglaubigung der Urkunde war deshalb notwendig geworden, weil ihm – wie Konrad von Burgistein vor Gericht ausführte – ein hund über den brief komen war und deren Siegel darabe zerbrochen und abgezeret seien.[17]

Kampf ums reiche Erbe

Konrad III. von Burgistein starb um 1397, ohne einen direkten Erben zu hinterlassen. Als Testamentvollstrecker bestimmte er den Schultheissen Ludwig von Seftigen und den Adligen Walter von Erlach. Die nächste Verwandte war seine Schwester Amphalisa, deren Ehemann Rudolf von Schüpfen 1380/81 als Schultheiss von Aarberg amtierte.[18] Bereits vor seinem Tod vermachte Konrad von Burgistein mit den Mühlen in Thun und der Gerichtsherrschaft Reutigen einen Teil seiner Besitzungen an seine Schwester.[19] Trotzdem entbrannte nach 1397 ein Streit um seine Hinterlassenschaft. Ein Grund für den Erbschaftsstreit dürfte darin gelegen haben, dass Ludwig von Seftigen die junge Witwe des Ritters, Margareta von Baldegg, heiratete und als Testamentsvollstrecker zugleich Anspruch auf das Erbe seiner Gattin erhob. Daraus ergab sich eine Vermischung der Interessen, die Konrad Justinger zum missbilligenden Kommentar bewog, ob der frouwen (Amphalisa von Burgistein) recht bescheche oder nit, daz weis Got wol.[20] Zentrale Streitpunkte waren die oberländische Herrschaft Saxeten, die Konrad von Burgistein als Teil der Burgherrschaft Weissenau von seinem Schwiegervater Werner (IV) Münzer geerbt hatte, sowie das neu erbaute Ritterhaus in Bern. Während Amphalisa und ihr Ehemann ihren Anspruch auf die Herrschaft Saxeten durchsetzen konnten, verloren sie den Adelshof an die Stadt.[21]

Roland Gerber, 10.02.2018



[1]    Gottlieb Studer (Hg.): Die Berner Chronik des Conrad Justinger, Bern 1871, Nr. 136, S. 95f.

[2]    Ebda., Nr. 243, S. 154.

[3]    FRB/8, Nr. 1151, S. 443 (5. Jan. 1362) und Nr. 1185, S. 457 (21. April 1362).

[4]    Genealogisches Handbuch zur Schweizer Geschichte, Bd. 3: Niederer Adel und Patriziat, Zürich 1908-1916, S. 159-177, hier 171.

[5]    Konrad von Burgistein hat Udel an einem IIII teil sines nidern kleinen hus zwischent sinem seshus und der smitten; Udelbuch von 1389, S. 145, Staatsarchiv Bern, B XIII 28. Auch Konrad Justinger spricht in seiner Chronik von ein gros schön huse an der stat, do nu daz nüwe rathuse stat; Gottlieb Studer (Hg.): Die Berner Chronik des Conrad Justinger, Bern 1871, Nr.329, S. 201.

[6]    Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Stadtrechnungen von Bern aus den Jahren 1375-1384, Bern 1896, hier Stadtrechnungen 1375/II, S. 8.

[7]    Ebda., Stadtrechnungen 1382/I, S. 216; sowie Eduard von Wattenwyl: Geschichte der Stadt und Landschaft Bern, 2 Bde., Bern 1867/72, hier Bd. 2, S. 243-245.

[8]    Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Stadtrechnungen von Bern aus den Jahren 1375-1384, Bern 1896, hier Stadtrechnungen 1382/II, S. 241 und 1383/I, S. 270.

[9]    SSRQ Bern III, Nr. 94, S. 221-225.

[10]  Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Stadtrechnungen von Bern aus den Jahren 1375-1384, Bern 1896, hier Stadtrechnungen 1383/I, S. 270; 1383/II, S. 293 und 1384/I, S. 315.

[11]  Ebda.: Stadtrechnungen 1383/I, S. 264 und 1384/I, S. 318.

[12]  Gottlieb Studer (Hg.): Die Berner Chronik des Conrad Justinger, Bern 1871, Nr. 263, S. 166. Während auf bernischer Seite eine unbekannte Zahl von Männern und der Gerber Venner Niklaus von Hürenberg ums Leben kamen, beklagten die Freiburger sieben Tote und dreissig Verwundete; Eduard von Wattenwyl: Geschichte der Stadt und Landschaft Bern, 2 Bde., Bern 1867/72, hier Bd. 2, S. 280f.

[13]  Roland Gerber: Münzer contra Bubenberg. Verwandtschaften und Faktionen im Berner Rat zu Beginn des 14. Jahrhunderts, in: Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde 68 (2006), S. 179-234.

[14]  Gottlieb Studer (Hg.): Die Berner Chronik des Conrad Justinger, Bern 1871, S. 598.

[15]  Urkunde vom 14. Jan. 1392, Staatsarchiv Bern, Fach Fraubrunnen.

[16]  Urkunde vom 12. April 1392, Staatsarchiv Bern, Fach Varia II: Personen, Burgistein.

[17]  Urkunde vom 28. Mai 1395 (Staatsarchiv Bern, Fach Varia II: Personen, Burgistein).

[18]  FRB/10, Nr. 182, S. 86f. (23. August 1380); sowie Gottlieb Studer (Hg.): Die Berner Chronik des Conrad Justinger, Bern 1871, hier Stadtrechnungen 1381/II, S. 188.

[19]  Urkunde vom 15. Juni 1394, Staatsarchiv Bern, Fach Thun.

[20]  Gottlieb Studer (Hg.): Die Berner Chronik des Conrad Justinger, Bern 1871, Nr. 329, S. 201.

[21]  Urkunden vom 21. und 22. Oktober 1397, Staatsarchiv Bern, Fach Interlaken und Herrschaftsarchiv Spiez, Riggisberg sowie Urkunden vom 8. und 20. Juni 1401, Staatsarchiv Bern, Fach Interlaken.

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