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Input Tagung Netto-Null des Vereins Energiestadt

5. September 2023

Input von Stadtpräsident Alec von Graffenried anlässlich der Tagung Netto-Null des Vereins Energiestadt, 5. September 2023

(Es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrte Damen und Herren
Herzlich Willkommen in Bern

Die Zielsetzungen der Tagung hier in Bern sind wichtig und (immer noch) hochaktuell.

Netto-Null
Schaffen wir das?
Wie schaffen wir das?

Es gibt positives zu vermelden:

  • Die Dringlichkeit ist, so glaube ich, mittlerweile allen klar, und das Handeln wird konsequent danach ausgerichtet.
  • Alle wollen. Aber nicht alle sind sich einig über den Weg.
  • Die Herausforderung liegt daher darin: Wir wollen in den nächsten Jahren wissen, OB wir unsere Netto-Null Ziele auch erreichen können, und wir diese erreichen können.
  • Und bei alledem soll die Versorgungssicherheit immer und jederzeit gewährleistet bleiben.

Kurz: Die Quadratur des Zirkels!

Was klar ist, vorneweg:

  • Allein, als Städte und Gemeinden, erreichen wir gar nichts! Alle lokalen und regionalen Akteure müssen daher in die Netto-Null-Strategien eingebunden werden.
  • Die Zusammenarbeit ist das A und O in der Energieversorgung. Insellösungen sind immer teurer. Daher braucht es die Zusammenarbeit auf allen Stufen, Nachbarschaft, Quartiere, Städte, Kantone, in der Schweiz.
  • Am wichtigsten ist die Zusammenarbeit aber international. Und ohne hier tiefer zu gehen: es braucht in der Klimapolitik ein Bekenntnis zu den Zielen von Paris, und es braucht in der Schweiz jetzt SOFORT ein Stromabkommen mit der EU. 

Was machen wir hier in Bern?

Unsere Ziele:
UNO: Klima-Abkommen von Paris

Wir machen keinen Tanz um die Ziele. Die Stadt Bern bekennt sich zu den Zielen des UN-Übereinkommens von Paris 2015. Punkt. Schluss. Darauf hat die Stadt Bern ihre Strategie ausgerichtet, und dafür hat sie im Klimareglement Absenkpfade definiert, die bis 2045 zu «Netto-Null» führen soll.

Energie- und Klimastrategie

Die Energie- und Klimastrategie der Stadt Bern hat somit das ambitionierte Ziel, die Vorgaben des Klimaübereinkommens von Paris mindestens zu erreichen, wenn möglich sogar frühzeitig zu übertreffen.

Die Stadt Bern räumt dem Klimaschutz hohe Priorität ein. Mit dem Richtplan Energie und der bestehenden Energie- und Klimastrategie hat die Stadt Bern bereits seit 2014 konkrete Ziele und Massnahmen.

Wir haben dann aber rasch gemerkt, dass die schönsten Strategien nichts helfen, wenn wir nicht Nägel mit Köpfen machen.

Unser Nagel heisst: Klimareglement

  • Dank des neuen Klimareglements verfügt die Stadt seit 2022 nicht nur über einen verbindlichen Absenkpfad für das Stadtgebiet. Der Absenkpfad sieht die Meilensteine auf dem Weg zur Klimaneutralität «Netto-Null» bis 2045 auf.
  • Zudem werden für die Sektoren Mobilität und Wärme separate Absenkpfade ausgewiesen.
  • Mit dem Klimareglement können aber auch jederzeit neue Massnahmen vorgesehen werden, falls wir den Absenkpfad verlassen.
  • Wir kennen also nicht nur das Ziel und den Weg. Wir haben auch die Instrumente, auf den Weg zurückzufinden, wenn wir den Pfad verlassen haben.
  • Nun: Was heisst das konkret? Die Stadt Bern will die CO2-Emissionen bis 2035 auf 1 Tonne pro Kopf und Jahr reduzieren.
  • Die bisherige Arbeit zeigt erste Resultate: Der Anteil an erneuerbarer Energie an der Wärmeversorgung der Stadt Bern betrug im Jahr 2021 27 Prozent. Im Sektor Wärme konnten die CO2-Emissionen in den letzten zehn Jahren um 28 Prozent reduziert werden. Der Anteil an erneuerbaren Energien beim Stromverbrauch lag 2021 bei 85 Prozent (Herkunftsnachweise).
  • Die Herausforderungen, die CO2-Emissionen in der notwendigen Frist auf quasi Null zu reduzieren bleiben aber sehr gross.

Neue Energie- und Klimastrategie 2035

Die Stadt erarbeitet auch deshalb aktuell – basierend auf den Zielen des Klimareglements – die neue Energie- und Klimastrategie 2035, welche die bestehende Strategie mit ihren 52 Massnahmen nahtlos ablösen wird. In der neuen Energie- und Klimastrategie 2035 arbeiten wir selbstverständlich weiter an den bisherigen Themen

  • Energieversorgung und Gebäude und
  • Mobilität

Diese beiden Bereiche sind für mindestens 50% der CO2 Emissionen verantwortlich. Neu beziehen wir nun aber auch die weiteren matchentscheidenden Themen ein:

  • Graue Emissionen und
  • Kreislaufwirtschaft

Damit versuchen wir Massnahmen für alle Lebensbereiche, also auch die Ernährung, den Konsum und internationale Reisen anzupeilen.

Zudem setzen wir ein Augenmerk auf die Klimaanpassungsmassnahmen, namentlich im öffentlichen Raum.

Bis zur Inkraftsetzung der neuen Strategie im nächsten Jahr arbeitet die Stadt konsequent mit den bestehenden Massnahmen aus der laufenden Strategie.

Kurz zu einzelnen Bereichen:

Wärmeversorgung: Schwerpunkt Fernwärme

  • In Städten mit ihrer hohen Dichte stellt die Wärmeversorgung ein besonderes Problem dar.
  • Wegen der hohen Dichte braucht es andere Strategien als für Hüsliquartiere und Hüsligemeinden. Wir brauchen Grossanlagen für unsere Grossüberbauungen. Das Mittel heisst Fernwärme.
  • Ein zentrales Projekt ist daher der kontinuierliche Ausbau der Fernwärme, welcher mit der städtischen Energieversorgerin Energie Wasser Bern ewb vorangetrieben wird.
  • Hier investiert allein ewb über eine halbe Milliarde Franken, für 50 km neue Leitungen.

Was machen wir ausser der Fernwärme im Gebäudebereich?

Ein weiteres Beispiel unter vielen: Die Solarstromproduktion über das eigene Hausdach muss weiter beschleunigt werden. Hier haben die Städte ja Nachholbedarf. Auf den Hüsli der Schweiz sind in den letzten Jahren viele Solaranlagen entstanden. Die Städte haben weniger Hüsli, und liegen daher zurück. Es geht nun darum, Strategien auch für die Städte zu entwerfen.

  • Um den Zubau von Fotovoltaikanlagen voranzutreiben, gibt es für Hausbesitzer*innen Unterstützung seitens des Ökofonds.
  • Die Energieberatung der Stadt Bern hilft Liegenschaftsbesitzer*innen zudem bei der Suche nach individuellen Lösungen.

Die Stadt Bern setzt diverse Massnahmen in verschiedenen Bereichen um. Nachfolgende einige Beispiele:

  • Die Stadt Bern wenden bei neuen Liegenschaften und Sanierungen hohe energetische Standards an.
  • Fossile Heizungen werden gezielt durch erneuerbare Systeme ersetzt.
  • Grundsätzlich wird bei allen Neubauprojekten eine PV- und/oder Solarthermieanlage erstellt.

Bei Sanierungen gilt dies – sofern gesetzlich und technisch möglich – ebenfalls.

  • Hochbau Stadt Bern: Oft wird gesagt, der Denkmalschutz verhindere PV. Die denkmalgeschützten Schulanlagen Manuel und Bethlehemacker sind beispielhafte Projekte. Beide höchste Schutzstufe schützenwert.
  • Manuel: grösste PV Anlage auf einer Schule der Schweiz
  • Bethlehemacher: Fernwärme und PV, möglicherweise wird die Schule sogar energiepositiv!
  • Zudem entstehen die neuen Schulhäuser alle aus Holz, entweder in Hybridbauweise, oder sogar als vollständiger Holzbau.
  • Ausserdem plant und baut Hochbau Stadt Bern konsequent Minergie P Eco im Neubaubereich, sowie Minergie Eco im Sanierungsbereich.

Alle Bauten entsprechen dem «Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz» (SNBS).

Zur Mobilität:

  • Die Velohauptrouten und die Veloinfrastruktur in der Stadt Bern wurden weiter ausgebaut und verbessert.
  • Dies zeigt Wirkung: Zwischen 2010 und 2021 konnte in der Stadt Bern der Anteil der Velofahrenden am Gesamtverkehr von 11 % auf 19 % erhöht werden.
  • Ein Problem bleibt die Velo-Parkierung: Mit einer neuen Velostation am Bahnhof mit 24 Stunden Gratis-Nutzung wird der Veloverkehr konsequent weiter gefördert.
  • In der Stadtverwaltung werden für die Strassenreinigung, für Entsorgung + Recycling und weitere Ämter nur noch Fahrzeuge mit alternativem Antrieb beschafft.
  • Bernmobil elektrifiziert laufend neue Linien mit dem Ziel, das Busnetz bis 2035 vollelektrisch betreiben zu können. Im Jahr 2023 wurde die Buslinie 21 umgerüstet. Bei der Erweiterung des Tramdepots Bolligenstrasse im Jahr 2024 wird zudem eine grosse PV-Anlage installiert.

Sie werden jetzt sagen: Das ist viel zu viel!
Was soll ich mit all diesen Beispielen?

Der heutige Tag wird Ihnen noch viel mehr gute Beispiele zeigen, von Akteuren, welche sich ebenfalls auf dem Weg in Richtung Netto-Null machen.

Und genau darum geht es. Ich möchte Ihnen zum Schluss mein Credo für die Klima- und Energiewende mitteilen, ich beginne mit einer kleinen Geschichte.

Vielleicht haben Sie davon gehört: Auf dem Flughafen Belpmoos soll eine ca. 20 ha grosse PV Anlage gebaut werden. U.a. deswegen werden die Segelflieger vom Belpmoos verdrängt. Die Segelflieger argumentieren nun: Falls auf allen Hausdächern in Belp PV Anlagen montiert werden, besteht kein Bedarf mehr.

DAS IST DER GRÖSSTE FEHLER!

Es braucht absolut alle Massnahmen. Energie- und Klimapolitik ist nie «entweder / oder». Energie und Klimapolitik ist immer «und»!

  • Es braucht Fotovoltaik im Belpmoos und auf den Dächern von Belp.
  • Es braucht die hochalpine Fotovoltaik und die Forschung an neuen Technologien
  • Es braucht den Ausbau der Wasserkraft und die Windkraft.
  • Es braucht die Elektrifizierung des Verkehrs und die Reduktion des Verkehrs.
  • Es braucht die Wasserstofftechnologie und den Ausbau der Biogasproduktion.
  • Es braucht mehr Produktion und mehr Effizienz und auch Suffizienz!
  • Es braucht einen massiven Ausbau der Übertragungsnetze und Speichermöglichkeiten.
  • Vor allem: es braucht die Zusammenarbeit auf allen Stufen.
  • Und das wichtigste UND: es braucht die Zusammenarbeit auf allen Stufen, es braucht daher auch die internationale Zusammenarbeit. Und dafür braucht es zuerst und sofort ein Stromabkommen mit Europa. Dafür sollten jetzt alle kämpfen, die an einer sicheren Energieversorgung interessiert sind.

Ich hoffe, dass Sie ganz viele inspirierende Lösungen finden!

Ich wünsche allen eine erfolgreiche und spannende Tagung.

 

Weitere Informationen.

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