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Referat Alec von Graffenried anlässlich «100 Jahre Bern Bümpliz»

6. Januar 2019

Referat von Stadtpräsident Alec von Graffenried anlässlich «100 Jahre Bern Bümpliz» beim Dorfbrunnen Bümpliz, 06.01.2019©

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Damen und Herren
Liebe Bümplizerinnen und Bümplizer, Vertreterinnen und Vertreter vom Stadtteil 6 
Liebe Bernerinnen und Berner
Sehr geehrte Frau Regierungsrätin 
Liebe Stadträtinnen und Stadträte
Liebe Gäste aus den Nachbargemeinden
Liebe Festgemeinde

Zu allererst: es guets Nöis! Schön, sind Sie alle unserer Einladung hier nach Bümpliz gefolgt, erst noch bei diesem Wetter. Denn eigentlich gilt ja:

«Casablanca tönt besser aus Bümpliz...», so sangen Züri West vor 30 Jahren. Wo er recht hat, hat Kuno recht. Aber jetzt sind wir in Bümpliz. Im Lied «Bümpliz Casablanca» von Züri West gibt es die betörend schöne Songzeile, die unsere Lebensträume und Lebenswege sehr gut umschreibt:

«U när sy mer gange, Mir sy druff u dranne gsy
Mir wäre fasch gange, aber Du, oder i ha plötzlech gseit es schiisst mi a».

Casablanca tönt zwar besser, aber Züri West ist lieber in Bümpliz geblieben. Patent Ochsner hegten damals ähnliche Gefühle: Anfang der 1990er Jahren bettelten sie beim «Bälpmoos», «spick mi furt vo hie!».

Aber Kuno ist nicht gegangen, und Büne ist auch nicht gegangen. Sie sind alle geblieben, hier geblieben - in Züri West, in Bern, in Bümpliz. Und Ochsners schrieben für Bümpliz schliesslich mit der «V. Nuss vo Bümpliz» die Hymne aller Berner Hymnen.

Jetzt feiern wir heute weder Kuno noch Büne - wir feiern 100 Jahre Bern Bümpliz. Doch
damit feiern wir auch ein kleines bisschen die Lieder aller Bands, die in den letzten Jahrzehnten über Bümpliz gesungen haben. Denn sicher ist: Wäre Bümpliz vor hundert Jahren nicht ein Teil von Bern geworden, gäbe es garantiert nicht so manches Lied über Bümpliz. Weil sich die Geschichten von Bern und die von Bümpliz anders entwickelt hätten.

Auch andernorts sind Grossüberbauungen entstanden und ist die Bevölkerung explodiert, in Schliern, in der Rüti, in Chly Wabern. Es ist von mir aus also müssig, die Frage zu stellen, welchen Einfluss auf die Entwicklung die politische Vereinigung Bümpliz Bern gespielt hat. Andere Entwicklungen, das Verkehrsnetz, die wirtschaftliche Entwicklung und die Ansiedlung von Firmen und Arbeitsplätzen spielen eine wichtigere Rolle. Und in einem unterscheiden wir uns alle nicht: Die Stadt ist für uns nicht der Wyler, die Elfenau oder der Mattenhof. Die Stadt ist für uns die Berner Altstadt. Egal wo man in Bern auch wohnen mag - wer nicht in der Altstadt lebt, der redet ständig davon, in die Stadt zu gehen - obschon man sich ja eigentlich überall in der Stadt befindet.

Bümpliz wäre zwar bestimmt auch ohne Bern heute kein Weiler mehr und nicht mehr das Dorf von 1918 - ein Stadtteil von Bern wäre es aber eben auch nicht. Bümpliz würde weniger zu Bern gehören und Bern auch weniger zu Bümpliz. Nach 100 Jahren ist aber auch Zeit für eine Standortbestimmung. Wie steht es eigentlich um die Identität von Bümpliz? Hat Bümpliz seine Identität verloren wegen der Vereinigung mit der Stadt Bern? Ist Bümpliz verschwunden und von der Stadt aufgesaugt worden? Ich möchte fast sagen, die Frage ist lächerlich. Oder jedenfalls falsch gestellt.

Identitäten verschwinden nicht, so wenig wie Dörfer verschwinden, aber sie verändern sich, erneuern sich, werden neu geprägt. Quartiere leben von ihren und leben mit ihren Bewohnerinnen und Bewohnern, ihren Originalen, ihren Unverwechselbarkeiten.

In der Schweiz kennen wir das ja, wir leben immer in mehreren Identitäten. Wir sind
Bernerinnen und Berner, wir leben in der Hauptstadt, in der Hauptstadtregion, im Kanton, wir sind aber genauso auch Schweizerinnen und Schweizer. Und wenn wir ganz weit weg sind von der Schweiz, in Afrika oder in Südamerika, dann sind wir sogar auch einfach von Europa.

Aber wir leben eben nicht einfach in Bern, sondern auch im Breitsch, in der Länggiige, ich im Murifeld, oder eben, wie die meisten von Euch hier, in Bümpliz. Oder übrigens auch in Wabern, im Liebefeld, in Bremgarten oder in der Aumatt. In der Papiermühle, in Deisswil oder in Ostermundigen. Einfach in Bern, halt. So ist es einfach, es ist ganz einfach mit der Identität. Aber oft ist es auch nicht so einfach. Aber heute, 100 Jahre nach der Vereinigung von Bern und Bümpliz können wir feststellen, dass es Bümpliz immer noch gibt. 2019 leben wir auch 50 Jahre nach dem Tod von Carl Albert Loosli, das ist auch noch so ein Jubiläum von einem Berufsbümplizer, und wir können feststellen, dass es immer noch Berufsbümplizerinnen und -bümplizer gibt.

Heute, 100 Jahre nach der Vereinigung von Bümpliz mit Bern können wir mutmassen, wie die Entwicklung anders hätte verlaufen können. Ich bin froh, dass es so gekommen ist, wie es gekommen ist.

Der Stadtteil VI gefällt mir. Er ist ein multikultureller Ort voller Dynamik und Zukunft. Gleichzeitig ist Bümpliz aber immer auch noch ein Dorf, oder mehrere Dörfer, mit Bottigen, Buech, Riedbach, Matzenried. Hier ist der Charakter von einst auch heute noch klar spürbar. Aber auch in Bethlehem, im Tscharni und im Gäbelbach schätzen die Menschen, dass man sich gegenseitig kennt. Oder in Brünnen oder im Stöckacker.

Die Bewohner in Grossüberbauungen betonen, dass auch diese im Inneren einen durchaus dörflichen Charakter haben. Das ist in allen Städten so, das gilt auch für Berlin, Paris oder New York. Wir leben in der Stadt, aber richtig verwurzelt sind wir in der Strasse, in der Nachbarschaft, dort, wo wir wohnen, wo wir unsere Beziehungen haben. Klar, der Stadtteil 6 ist heute nicht nur der grösste, sondern auch der bevölkerungsreichste Stadtteil mit über 30'000 Menschen, die hier leben. Die Bevölkerungszahl hat sich in den letzten 100 Jahren versechsfacht. Aber Bümpliz ist eben auch Nachbarschaft geblieben.

Bümpliz wurde Bern, aber lttigen nicht und Ostermundigen nicht und Bremgarten auch nicht. Anders als in Zürich hat der ganz grosse Zusammenschluss vor 100 Jahren in Bern nicht stattgefunden. Das war eine verpasste Chance. Ein historischer Fehler. Wirtschaftsentwicklung, Standortpolitik, soziale Integration, Raumentwicklung und Verkehrsentwicklung funktionieren in einer integrierten Gemeinde besser. Die Region Bern hätte sich stärker, besser entwickelt, wenn die Stadt vor 100 Jahren den Gemeinden nicht schnöde die Türe zugeschlagen hätte. Henusode, es isch eso, und fertig. Das Rad der Geschichte hat sich trotzdem weitergedreht, es ist auch so gegangen.

Aber heute, 100 Jahre später, schliesst sich der Kreis, heute sprechen wir wieder über Fusionen in Bern. Man kann diese Diskussion wegwischen, sie ist unnötig, es geht uns ja gut. Was soll das Theater? Ist doch alles nur Theater.

Es ist eben kein Theater. Es ist eine historische Chance. Die Geschichte kehrt selten zurück. Wenn wir aber, wie jetzt, wenn wir von der Geschichte geküsst werden, dann sollten wir diesen Kuss nicht verweigern. Wir stehen in einem neuen Jahr, wir stehen am Start, wir haben eine Chance, und wir können sie ergreifen. Wir müssen nicht. Aber wir können. Wir können, wenn wir wollen. Ich sage nicht, wir sollten. Wir sollten wollen. Aber wir könnten ja wollen. lttem.

Zurück zu Bümpliz. Einen Stadtteil mit einem derart eigenen Charakter zu haben, tut der Stadt Bern gut. In Bern Bümpliz ist oft mehr möglich, als an anderen Orten in der Stadt Bern. Und gerade dies macht aus, dass Bümpliz nicht nur ein Teil von Bern geworden ist, sondern Bern auch ein Teil von Bümpliz.

Der Brunnen hier ist ein Symbol das erfolgreiche Zusammenführen von Bern und Bümpliz. Er stand früher bekanntlich als Davidbrunnen in der Spitalgasse. Bei der Vereinigung im Jahr 1919 schenkte die Stadt der Bevölkerung von Bümpliz diesen Brunnen. Trotz zwischenzeitlichen Zügeleien ist er das geblieben, was er seither ist: Der einzige Dorfbrunnen der Stadt Bern.

Ist Bümpliz also Dorf oder Trendquartier? Ist es eine dörfliche Idylle oder Trabantenstadt? Wer Bümpliz so in eine Schublade stecken will, wird dem Stadtteil nicht gerecht. Ja, Bümpliz hat einen dörflichen Touch. Ja, Bümpliz wird immer mal wieder als das neue Trendquartier proklamiert. Ja, Bümpliz ist multikultureller als alle anderen Quartiere zusammen. Und ja, in Bümpliz wurden mit Abstand die meisten Hochhäuser der ganzen Schweiz gebaut. Bümpliz hat von all dem etwas, doch schlussendlich ist Bümpliz ganz einfach, was es ist: Ein farbiger, lebendiger und dynamischer Stadtteil. Ein Stadtteil, der Künstlerinnen und Künstler den Raum lässt, den sie brauchen, um ihre Träume zu träumen. Ein Stadtteil, der für die einen Heimat ist, für andere ein Zufluchtsort, und wieder für andere nur eine Zwischenstation. Und der Stadtteil, der mit Abstand die meisten Wohnungen mit spektakulärer Aussicht hat.

Bern Bümpliz wächst ständig und wächst immer wieder über sich selbst hinaus. Dank Bümpliz-West, also dank Bottigen, Buech, Riedbach, Matzenried, der Eymatt ist Bern zu rund 50% Grünflächen, Wälder und Parkanlagen. Dank Bümpliz hat Bern weiter Platz um zu wachsen. Dank Bümpliz haben wir Platz zum Sein, zum Leben, zum Spielen und zum Träumen.

Bümpliz ist älter als Bern. Bümpliz ist übrigens auch älter als die Kirche Köniz, denn von Bümpliz aus hat Königin Bertha die Kirche Köniz gestiftet. Wir sind dankbar, ist Bümpliz seit 100 Jahren Bern, wir sind froh, ist Bern seit 100 Jahren Bümpliz. Merci, Bümpliz, Bümpliz forever!

Heute feiern wir, heute vor genau 100 Jahren hat der Grosse Rat die Fusion Bern Bümpliz abgesegnet. Heute ist Königstag, Dreikönigstag, die sind ja auch in Bümpliz zuhause oder eher in Bethlehem an der Kaspar-, Melchior- und Balthasarstrasse. Aber wir feiern heute Bümpliz und drum feiern wir den Königinnentag mit Königin Bertha.

Referat von Stadtpräsident Alec von Graffenried anlässlich «100 Jahre Bern Bümpliz» beim Dorfbrunnen Bümpliz, 06.01.2019©
Titel
«100 Jahre Bern Bümpliz», Referat Alec von Graffenried, 06.01.2019 (PDF, 24.6 KB)

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