Referat anlässlich der Austauschsitzung Migration zum Thema «Wohnen für alle»
Referat von Gemeinderätin Ursina Anderegg, Direktorin für Bildung, Soziales und Sport, anlässlich der Austauschsitzung Migration zum Thema «Wohnen für alle», 24. Juni 2025
(Es gilt das gesprochene Wort)
Liebe Fachpersonen aus der Sozialen Arbeit und aus der Bau- und Immobilienbranche
Liebe Sozialplaner*innen
Ev. Liebe Melanie
Liebe Interessierte und Anwesende
Wie wir wohnen, ist nicht Privatsache. Das Thema Wohnen ist ein politisches Thema. Und für mich als Sozialdirektorin der Stadt Bern natürlich ein hochbrisantes, soziales Thema. Es beschäftigt mich nicht erst seitdem ich im Gemeinderat bin, sondern schon mein ganzes Leben als Politikerin, in dem ich auch Stadträtin und Co-Präsidentin des Grünen Bündnisses war. Denn es ist eines der brennendsten Themen unserer Stadt. Es gibt grossen Handlungsbedarf, damit unsere Stadt bewohnbar für alle Menschen bleibt und dass die Vielfalt nicht aus den Quartieren, vor allem den «In-Quartieren», verdrängt wird. Das grosse Thema, das uns heute beschäftigt, ist, wie wir den Zugang zum Wohnungsmarkt für alle sicherstellen – das heisst, dass die Menschen die Miete bezahlen können, und aber auch, dass sie überhaupt an eine Wohnung kommen. Wie können wir sicherstellen, dass alle Menschen Zugang zu geeignetem Wohnraum haben? Welche Perspektiven müssen wir dabei berücksichtigen? Und wie können verschiedene Akteur*innen zusammenarbeiten, um Lösungen zu finden? Wie muss der Wohnungsmarkt der Stadt Bern aussehen, um den Ansprüchen einer «Stadt für alle» gerecht zu werden? Inwiefern werden wir diesem Anspruch gerecht? Inwiefern nicht? Ich freue mich auf die Diskussion heute unter den Akteur*innen aus verschiedenen Bereichen.
Laut Artikel 11 des UNO-Sozialpaktes und Artikel 31 der Europäischen Sozialcharta ist Wohnen ein Menschenrecht. Auch die Verfassung des Kantons Bern verpflichtet uns dazu, Wohnen zu tragbaren Bedingungen sicherzustellen. Auf der städtischen Ebene gibt uns die Gemeindeordnung den Auftrag zu preisgünstigen Wohnungen, zur Mietpreisverbilligung und zur Förderung von Wohneigentum.
Im Rahmen einer sozialen Wohnpolitik versucht der Gemeinderat in der im Januar begonnenen Legislatur, den Zugang zu günstigen Wohnungen zu erhöhen. Bis Ende 2028 sollen 1’500 Wohnungen im Segment «günstiger Wohnraum mit Vermietungskriterien» zur Verfügung stehen, und die Stadt treibt ihre grossen Entwicklungsareale weiter voran. Dies ist in der politischen Verantwortung meiner Gemeinderatskollegin Melanie Mettler, die wir am Schluss noch hören werden.
Beim Zugang zum Wohnungsmarkt geht es aber nicht nur um finanzielle Fragen. Es geht auch um Diskriminierung. Wir brauchen einen Diskriminierungsschutz und insbesondere die Sensibilisierung von Eigentümerschaften, damit ein Nachname, ein Foto, ein Akzent, ein Herkunftsort nicht ausschlaggebend bei der Wohnungsvergabe sind. Es braucht aber auch das Empowerment von benachteiligten Wohnungssuchenden.
Ein Ziel in der 2024 aktualisierten Wohnstrategie besagt, dass sich die Stadt für den Abbau von Diskriminierungen bestimmter Bevölkerungsgruppen – z.B. Armutsbetroffener, Menschen mit Behinderung, älterer Menschen und Migrant*innen – auf dem Wohnungsmarkt einsetzt.
Der Schwerpunkteplan Migration und Rassismus setzt sich zum Ziel, dass bei der Abgabe von Gebäuden im Baurecht eine Formulierung in den Baurechtsvertrag aufgenommen wird, wonach die Baurechtsnehmenden zu einer diversitätssensiblen Wohnungsvergabe aufgefordert werde. Die Stadt setzt sich auch bei Dritten für eine diversitätssensible Wohnungsvergabe ein.
Meine Direktion kümmert sich auch um Menschen, die bereits durch die Maschen des sozialen Netzes beziehungsweise aus dem Wohnungsmarkt gefallen sind oder zu fallen drohen.
So versuchen wir auch beim Zugang zu günstigen Wohnungen zu vermitteln. Im Februar 2024 lancierte die Stadt die zwei Angebote «Wohnberatung» und «Mietzinssicherheiten» für Armutsbetroffene und armutsgefährdete Personen. Das Angebot, das die Heilsarmee im Auftrag der Stadt umsetzt, umfasst Beratung, Begleitung bei der Wohnungssuche und die Vermittlung von Zugang zu Wohnraum für vulnerable und ressourcenschwache Zielgruppen. Das Angebot stösst seit seiner Lancierung auf eine grosse Nachfrage und ist stark ausgelastet. Zwischen Anfang Februar 2024 und Ende Dezember 2024 haben 762 Beratungen stattgefunden. In Bezug auf Mietzinssicherheiten unterstützt die Wohnberatungsstelle die Hilfesuchenden dabei, ein Mietzinsdepot zu finanzieren, auch wenn sie nicht über die nötigen Mittel verfügen. Der Leiter der Wohnberatungsstelle, David Hunziker, ist heute auch hier und wird um 16.15 Uhr eines der interaktiven Mini-Podien leiten.
Für wohnungs- und obdachlose Menschen wird die Stadt Bern in der laufenden Legislatur ihr Angebot an sicheren Notunterkünften und eine bedarfsgerechte Grundversorgung für unterschiedliche Personengruppen laufend dem Bedarf anpassen. Letzte Woche konnten wir eine neue Notschlafstelle für Frauen, intergeschlechtliche, nicht-binäre, trans und agender Personen – kurz FINTA – eröffnen. Ebenfalls neu in diesem Jahr haben wir einen Leistungsvertrag mit dem Verein «Rêves sûrs» abgeschlossen. Er betreibt die Notschlafstelle Pluto für Jugendliche. Und eine weitere allgemeine Notschlafstelle soll im nächsten Winter eröffnet werden als Nachfolgeangebot der Notschlafstelle auf dem Areal des ehemaligen Tiefenau-Spitals im letzten Winter.
Im Sinne einer menschlichen Asyl- und Flüchtlingspolitik beobachtet die Stadt zudem die Unterbringungssituation von Flüchtlingen in Bern und zeigt den bestehenden Handlungsbedarf auf. In der neuen Legislatur setzt sie einen Fokus auf die Einhaltung der Kinderrechte.
Sie sehen, unter das Thema Wohnen fallen ganz viele Bereiche. Letztlich geht es darum, dass alle Menschen, die in der Stadt Bern wohnen oder wohnen möchten, ihr Recht auf Wohnen in einer würdigen und diskriminierungsfreien Art und Weise wahrnehmen können. Nun bin ich gespannt auf die weiteren Beiträge und Diskussionen.
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Austauschsitzung Migration zum Thema «Wohnen für alle», Referat von Gemeinderätin Ursina Anderegg, 24. Juni 2025 (PDF, 90.7 KB) |