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Das Wandbild Wylergut Bern als Beispiel

Auf Vorschlag des Vereins «Das Wandbild muss weg!» bekam die international renommierte Künstlerin Shirana Shahbazi im Sommer 2024 von der Kommission für Kunst im öffentlichen Raum der Stadt Bern den Auftrag, ein neues Werk für das Schulhaus Wylergut zu realisieren.

Das neue Kunstwerk

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Das neue Kunstwerk „Wand Bild“ von Shirana Shahbazi, Foto: Dres Hubacher

Die im Frühling 2025 realisierte Wandarbeit aus verschiedenfarbigen Keramikplatten erstreckt sich über die drei Etagen des Treppenhauses und lässt vorerst jene Stelle frei, an der das entfernte Wandalphabet von Eugen Jordi und Emil Zbinden zu sehen war. Über die kommenden Jahre soll die Leerstelle in einem vom Verein konzipierten, partizipativen Erinnerungs- und Verlernensprozess mit den Schüler*innen und Lehrpersonen gefüllt werden.

Das alte Wandbild ist weg

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Wandbild im Schulhaus Wylergut 1949. Foto: Attila Janes

Eine Wandmalerei im Berner Schulhaus Wylergut von 1949 zeigte ein Alphabet, welches die Buchstabenfolge mit Gegenständen, Tier- und Pflanzenarten illustriert, aber auch mit drei stereotypen Darstellungen je eines chinesischen, eines afrikanischen und eines amerikanisch-indigenen Menschen. Das Werk der Künstler Eugen Jordi (1894-1983) und Emil Zbinden (1908-1991) ist ein Ausdruck der damaligen Kultur, die Menschen nach Hautfarben einteilte.

Um dieses historische Wandbild kritisch neu zu verorten, hat eine Fachjury im Auftrag der Stadt Bern 2020 in einem Wettbewerbsverfahren fünf Projektvorschläge erarbeiten lassen. Auf die einstimmige Empfehlung der Jury hin hat sich die Kommission für Kunst im öffentlichen Raum für das Projekt «Das Wandbild muss weg!» von Ashkira Darman (Gymnasiallehrerin Geschichte), Fatima Moumouni (Spoken Word Poetin), Vera Ryser (Kuratorin), Bernhard Schär (Historiker) und Angela Wittwer (Künstlerin) entschieden. Das Projektteam hat festgehalten, dass eine Primarschule kein geeigneter Ort für das Wandbild sei; hier entziehe es sich der dringenden, gesamtgesellschaftlich zu führenden Debatte über den Umgang mit dem kolonialen Erbe. Daher solle das Wandbild von der aktuellen Stelle entfernt und an ein Museum übergeben werden.

Inzwischen wurde das Projekt realisiert: Das Wandbild ging als Schenkung an das Bernische Historische Museum.

Verlegung begleitet von Workshops

Mit der Schenkung an ein Museum initiierte das Projektteam eine Praxis der kritischen Aufarbeitung der Berner Kolonialgeschichte unter anderem mit Workshops für Lehrkräfte und öffentlichen Veranstaltungen. Der Wettbewerbsbeitrag umfasste eine gesellschaftliche und schulinterne Auseinandersetzung, die der Entfernung vorangehen musste, die restauratorische Projektierung der Entfernung des Wandbildes und deren Dokumentation. Auf einer Website entstand ein «Archiv mit Materialien zur Entstehung, Entfernung und Rekontextualisierung des Wandbildes für verschiedene Altersstufen»

Gastausstellung im Bernischen Historischen Museum

Die Schenkung und Verschiebung des Wandbildes an das Bernische Historische Museum ist zu Stande gekommen. Aus Sicht von Dr. Thomas Pauli-Gabi, Direktor des Bernischen Historischen Museums (BHM), kann das Museum Hand bieten, damit das Werk durch die Aufnahme in die Sammlung als Zeugnis einer gesellschaftlichen Debatte langfristig erhalten bleibt. Gleichzeitig bietet die Überführung ins Museum die Chance, die am Wandbild entzündete Debatte in einem musealen Kontext weiterzuführen. Das Projektteam war als Gastkuratorium im BHM für die Ausstellung «Widerstände. Vom Umgang mit Rassismus in Bern» verantwortlich (25. April 2024 bis 1. Juni 2025). Unter dem Titel BHM Lab wurde bereits im März 2022 eine Diskussion zum Thema lanciert.

Abnahme durch Fachleute

Die Abnahme haben ein Restaurator und zwei Berner Hochschul-Abgängerinnen mit Unterstützung des Fachbereichs Konservierung und Restaurierung der Hochschule der Künste Bern (HKB) 2023/2024 vorgenommen. Zur Anwendung kam dabei die möglichst substanzerhaltende Abnahmetechnik, das sogenannte Staccoverfahren. Dabei wird die Oberfläche der Malschicht zuvor mit einer Facing-Schicht geschützt, mit einer aufgedoppelten Leichtträgerplatte verstärkt und dann zwischen Fein- und Grobputzschicht mit einem Sägedraht hinterschnitten. Zur Stabilisierung wird danach auf der Rückseite der Bildfelder ein neues Trägermaterial aufgebracht. Bei der Abnahme wurden fünf der Bildfelder beschädigt und in den Werkstätten der Hochschule im Sinne des originalen Erscheinungsbildes retuschiert. Die schwarzen Übermalungen durch eine anonyme Aktion dagegen bleiben als Teil der Objektgeschichte erhalten. Im Bulletin der Nationalen Informationsstelle zum Kulturerbe (NIKE) gibt die HKB-Dozentin Christel Meyer-Wilmes Auskunft zu den restauratorisch-ethischen Überlegungen.

Die Stadt als Auftraggeberin

Die Fachjury der städtischen Kommission für Kunst im öffentlichen Raum entschied sich einstimmig für das Siegerprojekt. Dieses verlange von seinen Autorinnen und Autoren, aber auch von der Stadt als Auftraggeberin und der Öffentlichkeit einen grossen Einsatz. Mit diesem Projekt geht ein Aufruf einher, sich mit der kollektiven Verantwortung für historische Bilder und Objekte in öffentlichen Räumen auseinanderzusetzen. Die Diskussion um rassistische Stereotypisierungen, die Kontextualisierung historischer Artefakte der kolonialen Geschichte der Schweiz sowie deren Wirkmacht im heutigen Alltag soll so in der breiten und in der fachlichen Öffentlichkeit geführt werden und nicht nur im – letztlich durch einen historischen Zufall ausgewählten – Primarschulhaus.

Dokumentation

Die Präsentationen des Wettbewerbs sind online dokumentiert. Die fünf Projektteams stellten ihre Vorschläge am 19. August 2020 und am 5. September 2020 im Kornhausforum vor. Nach einer weiteren Überarbeitungsrunde erfolgte die öffentliche Bekanntgabe des Siegerteams und von dessen Projektidee am 20. März 2021 im Rahmen der Aktionswoche gegen Rassismus. Auf einer Website des Projektteams wurden im Laufe des Projektes weitere Unterlagen gesammelt: www.daswandbildmussweg.ch.

Weitere Informationen.

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