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Bevölkerungszahlen

Am Ende des 14. Jahrhunderts lebten über 6’000 Personen in Bern. Bis in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts verringerte sich die Zahl der Einwohner dann auf etwa 4’500 bis 5’000 Personen.

Angaben über Bevölkerungszahlen spätmittelalterlicher Städte beruhen entweder auf Schätzungen oder auf Auswertungen kommunaler Steuerbücher und anderer sekundärstatistischer Quellen wie Mitgliederverzeichnisse von Zünften, Neubürgerbüchern, Mannschaftslisten militärischer Auszüge, Feuerstättenzählungen sowie Häuserbüchern. Diese verzeichnen jedoch immer nur einen Teil der zu einem gewissen Zeitpunkt in einer Stadt lebenden Einwohner. Insbesondere Frauen, Kinder, Kleriker, Dienstpersonal, Handwerksgesellen und Vermögenslose werden in diesen Quellen häufig nicht erfasst. Nur für wenige Städte existieren systematische von den Stadträten angeordnete Zählungen der gesamten erwachsenen Einwohnerschaft. Diese Erhebungen wurden wie jene in Freiburg im Uechtland und Strassburg von 1444 oder in Nürnberg von 1430 und 1450 in der Regel in Zeiten äusserer Bedrohung durchgeführt. Die während Kriegs- oder Notzeiten niedergeschriebenen Einwohnerlisten enthalten deshalb immer wieder auch Personen, die sich nur kurzfristig innerhalb der Stadtmauern in Sicherheit brachten.[1] Ausserdem werden minderjährige Kinder oder Kleriker in diesen Zählungen nur selten berücksichtigt.

Statistische Quellen

In Bern ist die Zählung der Einwohner im späten Mittelalter nur mit Hilfe einer vergleichenden Untersuchung der überlieferten sekundärstatistischen Quellen möglich. Die Grundlage dieser Auswertungen sind die von Friedrich Emil Welti und Emil Meyer vollständig edierten Tellbücher von 1448 (Tellbuch von 1448) sowie von 1389, 458 und 1494 (Tellbücher von 1389, 1458 und 1494).[2] Weitere, aber nur ergänzende Informationen lassen sich aus dem Udelbuch von 1389[3] (Udelbuch von 1389), den während den Burgunderkriegen angelegten Stuben- und Auszugsrödeln von 1474 bis 1476[4] sowie den Mitgliederverzeichnissen dreizehn bernischer Stubengesellschaften von 1496/97[5] gewinnen. Die ältesten überlieferten Feuerstättenzählungen datieren aus den Jahren 1416[6], 1453[7], 1499[8] und 1558/59[9]. Diese betreffen jedoch vorwiegend die Landschaft, während die Einwohnerschaft Berns nur in die letzte Erhebung von 1558/59 einbezogen wurde.[10]

Bevölkerungszahlen 1389 bis 1494

Die statistische Auswertung der überlieferten Tellbücher zeigt, dass sich die Zahl der selbständigen Haushaltvorstände in Bern zwischen 1389 und 1448 von rund 1’800 auf etwa 1’300 Personen verringerte. 1458 und 1494 werden in den Steuerbüchern dann nur noch ungefähr 1’100 Haushaltvorstände aufgeführt.[11] Wird die aufgrund des Tellbuchs von 1448 für die Mitte des 15. Jahrhunderts berechnete Bevölkerungszahl von rund 5’000 Personen als Grundlage genommen, dürfte die Einwohnerschaft Berns am Ende des 14. Jahrhunderts somit über 6’000 Personen und in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nur noch zwischen 4’500 und 5’000 Personen betragen haben.[12] Erst im Verlauf des 16. Jahrhunderts ist die Stadtbevölkerung schliesslich wieder deutlich über 5 000 Einwohner angewachsen.

Roland Gerber, 25.06.2020



[1]    Während des ersten Markgrafenkrieges von 1450 zählte der Nürnberger Rat insgesamt 30’131 Menschen innerhalb der Stadtmauern. 9’912 dieser Personen waren jedoch keine Stadtbewohner sondern Bauern, die aus dem stadtnahen Umland kurzfristig nach Nürnberg geflohen waren; Gerhard Pfeiffer (Hg.): Nürnberg. Geschichte einer europäischen Stadt, München 1971, S. 194.

[2]    Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Tellbücher der Stadt Bern aus dem Jahre 1389, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 14 (1896), S. 505-704; sowie Emil Meyer (Hg.): Das Tellbuch der Stadt Bern aus dem Jahre 1494, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 30 (1930), S. 147-224.

[3]    Udelbuch von 1389, Staatsarchiv Bern, B XIII 28.

[4]    Stuben- und Auszugsrödel, angelegt zwischen dem 28. Oktober 1474 und dem 6. Dezember 1476. Die Abschriften dieser Rödel sind überliefert in Buchers Regimentsbuch, Burgerbibliothek, Mss.hist.helv.XII.10, S. 630-663.

[5]    Stubenrödel, angelegt zwischen dem 5. April 1496 und dem 28. März 1497, Staatsarchiv Bern, B XIII 483. In der Handschrift fehlen die Mitgliederverzeichnisse der Gesellschaften zu Niedergerbern, Metzgern, Schuhmachern und Schiffleuten.

[6]    Heinrich Türler (Hg.): Die Lausanner Kirchenvisitation von 1416/17, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 16 (1902), S. 1-41; sowie La visite des églises du diocèse de Lausanne en 1416-17 (Mémoires et documents publ. par la Société d’Histoire de la Suisse Romande 2/11), Lausanne 1921.

[7]    Rudolf Fetscherin (Hg.): Visitationsbericht des Bistums Lausanne, bernischen Anteils, vom Jahre 1453, in: Abhandlungen des Historischen Vereins des Kantons Bern 1 (1848), S. 251-394.

[8]    Der Reiszugsrodel der schwäbischen Kriegshändel aus dem Jahre 1499 wurde ediert von Basilius Hidber: Über die tieferen Ursachen des Burgunder- und Schwabenkrieges und Berns nationale Stellung in denselben als Einleitung zum erstmaligen Abdrucke des neu aufgefundenen Mannschaftsrodels der Berner Schwabenkriege, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 3 (1857), S. 68-72.

[9]    Emanuel von Rodt: Geschichte des bernischen Kriegswesens. Von der Gründung der Stadt Bern bis zur Staatsumwälzung von 1798, Bd. 2, S. 296-301.

[10]  Zu den bernischen Feuerstättenzählungen vgl. auch August Lauterburg: Die Feuerstättenzählungen Berns zwischen 1499 und 1880, in: Mitteillungen des bernischen statistischen Bureaus (1893), S. 80-105; sowie Arnold Bohren: Die Geschichte der Volkszählungen im Gebiete des Kantons Bern, in: Blätter für bernische Geschichte, Kunst und Altertumskunde 6 (1910), S. 246-251.

[11]  Eine erste Zählung der steuerpflichtigen Haushalte anhand der aus dem Spätmittelalter überlieferten Tellbücher macht Eduard von Rodt: Berns Burgerschaft und Gesellschaften, in: Festschrift der VII. Säkularfeier der Gründung Berns 1191-1891, Bern 1891, S. 1-111, S. 31.

[12]  Die anhand des Tellbuches von 1494 für das ausgehende 15. Jahrhundert geschätzte Bevölkerungszahl von ca. 4’500 Personen muss wegen der schweren Pestepidemie von 1493 um mehrere hundert Personen nach oben korrigiert werden. In der Zeit unmittelbar vor Ausbruch der Pest 1493 dürfte die Einwohnerzahl Berns knapp 5’000 Personen betragen haben.

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