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Wachstum im 13. und 14. Jahrhundert

Zwischen 1250 und 1389 vergrösserte sich die Einwohnerzahl Berns von schätzungsweise 2‘500 auf ihren mittelalterlichen Höchststand von rund 6‘000 Personen.

Die ersten Angaben über die Bevölkerungs- und Stadtentwicklung Berns während des Mittelalters überliefert Konrad Justinger in seiner um 1420 niedergeschriebenen Gründungsgeschichte von 1191. Der Chronist spricht davon, dass der Stadtgründer Herzog Bertold V. von Zähringen bestrebt gewesen sei, einerseits durch den Bau gewerblicher Anlagen wie des breiten Gassenmarktes und der Umleitung des Stadtbachs (Stadtbach) ins ummauerte Stadtgebiet, andererseits durch die Verleihung wirtschaftlicher Privilegien an die Bürger möglichst viele auswärtige Kaufmanns- und Handwerkerfamilien zur Niederlassung in Bern zu bewegen (Aufnahme ins Bürgerrecht). Im Zuge dieser durch den Herzog von Zähringen initiierten Freizügigkeit seien bereits in der Gründungszeit zahlreiche edel notveste lüte in die neu gegründete Stadt gezogen.[1] Neben dem 1294 im Rat der Zweihundert (Rat der Zweihundert) genannten Geschlecht der Statzer nennt der Chronist insbesondere auch die vermögende Kaufmannsfamilie der Münzer, die aus Zürich respektive aus Freiburg im Breisgau nach Bern gezogen seien (Familie Münzer).[2] Des Weiteren berichtet der Chronist, dass die von Herzog Bertold V. am oberen Lauf der Aare angelegte städtische Siedlung ursprünglich nur das Gebiet von der heutigen Nydeggkirche (Nydeggkapelle) bis zur Kreuzgasse hätte umfassen sollen. Die rasch wachsende Zahl neuer Siedler hätte die mit dem Bau der Stadt betrauten zähringischen Ministerialen jedoch dazu veranlasst, den vom Herzog gefassten Plan aus eigenem Antrieb zu verändern und das Stadtgebiet bis zum heutigen Zeitglockenturm zu erweitern. Zwei natürliche Quergräben liessen dort ein werlicher enger hals entstehen, sodass die erste Stadtmauer (Stadtbefestigungen) relativ kostengünstig gebaut und mit einem zentralen Torturm gesichert werden konnte. Nach Justinger hätten die mit dem Mauerbau beauftragten Ministerialen unter der Leitung ihres Wortführers Konrad I. von Bubenberg dem Herzog sogar versprochen, das eigenmächtig ummauerte Stadtgebiet auf eigene Kosten zu besiedeln, falls nicht genügend Siedler in die neu gegründete Stadt ziehen würden.[3]

Im Zentrum der Zähringerstadt entstehen dicht aneinander gebaute Häuserzeilen

Das Stadtgebiet zwischen Nydegg und Zeitglockenturm scheint trotz des von den Ministerialen gemachten Versprechens bis zum Tode Herzog Bertolds V. im Jahr 1218 nur entlang des zentralen Gassenmarkts – der heutigen Kram- und Gerechtigkeitsgasse – dichter mit Wohnhäusern überbaut worden zu sein. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts fand der Rat jedenfalls noch genügend freien Raum innerhalb der Stadtmauern, um den von der Bürgerschaft nach Bern gerufenen Franziskaner in der südwestlichen Ecke der Stadt 1255 ein grösseres Areal für die Gründung ihres Klosters zuzuweisen (Franziskanerkirche).[4] Neben der breit angelegten Kram- und Gerechtigkeitsgasse entwickelten sich insbesondere das städtebauliche Zentrum der Kreuzgasse sowie die an den beiden südlichen Stadtzugängen erbauten Adelshöfe der Herren von Aegerten (Michaelstürli) und von Bubenberg (Bubenbergtürli) zu den eigentlichen Siedlungskernen der zähringischen Gründungsstadt (Zähringerstadt).[5] Einen weiteren Siedlungsschwerpunkt bildete der Bereich um die anfänglich den Augustinerchorherren und seit 1243 dem Deutschen Orden in Köniz unterstehenden Stadtkirche von St. Vinzenz (Pfarrkirche von St. Vinzenz) am südlichen Ausgang der Kreuzgasse. Während die Münster- und obere Junkerngasse bis auf die Höhe der Bubenberghäuser wahrscheinlich schon bald nach der Gründung eine dichtere Überbauung aufgewiesen haben dürften, blieben die untere Junkerngasse sowie der nordwestliche Teil der Rathaus- und der östliche Teil der Postgasse noch längere Zeit weitgehend unbebaut. Verschiedene dieser Gassenabschnitte wiesen noch am Ende des 14. Jahrhunderts neben Ställen und Scheunen nur vereinzelt Wohnhäuser auf. Eine dichtere Bebauung kann jedoch bereits im 13. Jahrhundert für den Bereich der nördlichen Kreuzgasse sowie für den südlichen Abschnitt der Rathausgasse angenommen werden.

Roland Gerber, 10.11.2017



[1]    Gottlieb Studer (Hg.): Die Berner Chronik des Conrad Justinger, Bern 1871, Nr. 12, S. 9f.

[2]    Im so genannten Badstuberbrief vom 3. Februar 1294 wird Wilhelm Statzer als Mitglied des neu geschaffenen Rates der Zweihundert genannt; FRB/3, Nr. 612, S. 603-605.

[3]    Gottlieb Studer (Hg.): Die Berner Chronik des Conrad Justinger, Bern 1871, Nr. 7 und 8, S. 7f.

[4]    FRB/2, Nr. 419, S. 438f. (6. Januar 1257); sowie Gottlieb Studer (Hg.): Die Berner Chronik des Conrad Justinger, Bern 1871, Nr. 39, S. 26.

[5]    Zur militärischen Bedeutung von Adelshöfen in mittelalterlichen Städten vgl. Dietrich Denecke: Sozialtopographie und sozialräumliche Gliederung der spätmittelalterlichen Stadt. Problemstellungen, Methoden und Betrachtungsweisen der historischen Wirtschafts- und Sozialgeographie, in: Über Bürger, Stadt und städtische Literatur im Spätmittelalter, hg. von Fleckenstein, Josef und Stackmann, Karl (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, philosophisch-historische Klasse, 3. Folge 121), Göttingen 1980, S. 161-202, hier 169-172.

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