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Zähringerstadt

Die nach 1191 erbaute Zähringerstadt war das politische, ökonomische und geistliche Zentrum der spätmittelalterlichen Stadt Bern.

Das älteste Stadtquartier (Stadtquartiere) Berns ist die nach 1191 zwischen der Burg Nydegg und dem Zeitglockenturm unter Herzog Bertold V. von Zähringen angelegte Gründungsstadt mit zentralem Gassenmarkt und zwei parallel verlaufenden Strassenzügen.[1] Die Zähringerstadt war mit einer Länge von rund 750 Metern und einer mittleren Breite von 175 Metern das in Bezug auf Fläche und Einwohnerzahl grösste Stadtquartier Berns. Etwa 820 der insgesamt rund 1’620 im Udel- (Udelbuch von 1389) und Tellbuch von 1389 (Tellbücher) nachgewiesenen Wohnhäuser befanden sich in diesem zentralen Stadtteil.[2] Baulich akzentuiert wird die Gründungsstadt von dem nach 1191 errichteten Zeitglockenturm, dem ältesten heute noch erhaltenen Stadttor, und den beiden 17 bis 18 Meter, ursprünglich jedoch bis zu 27 Meter breiten Gassenmärkten der Kram- und Gerechtigkeitsgasse (meritgasse).[3] Deutliche Akzente setzen seit der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts zudem das Münster (Pfarrkirche von St. Vinzenz) mit dem südlich anschliessenden Deutschordenshaus und der Münsterplattform sowie das nach dem Stadtbrand von 1405 (Grosser Stadtbrand von 1405) neu erbaute Rathaus (Rathaus).[4]

Die in ost-westlicher Richtung verlaufenden Hauptgassen folgen der mittleren Längsachse der Zähringerstadt und werden im Norden durch die Rathaus- und Postgasse (hormansgasse) und im Süden durch die Münster- und Junkerngasse (kilchgasse) als parallele Strassenzüge begleitet. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstanden mit der Brunngasse (brungasse) und der Herrengasse (herrengasse von Egerdon) schliesslich noch die beiden jüngsten Gassen östlich des Zeitglockenturms. Diese erschlossen die bisher noch nicht überbauten Flächen im Nordwesten und Südwesten der Gründungsstadt. Im Westen wird die Zähringerstadt durch den Kornhaus- und Theaterplatz (bader graben, seit 1405 uff dem platz), den Casinoplatz (gerwer graben) und im Osten durch den westlichen Abschluss des Nydeggstaldens (uff der ebni) begrenzt. Die wichtigsten Quergassen waren die zentral gelegene Kreuzgasse (crützgasse), die das Stadtgebiet seit dem 13. Jahrhundert in eine obere und eine untere Hälfte teilt (Ober- und Unterstadt), sowie das entlang des ersten Westabschlusses verlaufende Zibelegässlein (an der ringmur, seit 1405 bim zitgloggen) und die Hotelgasse (vor den barfüssen).

Unterschiedliche soziale Bewertung der Gassen

Die Zähringerstadt war das politische, ökonomische und geistliche Zentrum der spätmittelalterlichen Stadt Bern. Hier standen die wichtigsten kommunalen (Kommunale Gebäude), gewerblichen (Zunft- und Gewerbebauten) und religiös-karitativen (Geistliche Niederlassungen) Gebäude. Die Bauwerke verteilten sich jedoch sehr ungleichmässig auf das Gebiet zwischen Zeitglockenturm und Nydeggkapelle (Nydeggkapelle). Innerhalb der Zähringerstadt muss deshalb von einer unterschiedlichen sozialen Bewertung der einzelnen Gassen ausgegangen werden. Auffällig ist die räumliche Trennung zwischen kirchlichen, kommunalen und gewerblich-zünftigen Gebäuden. Diese konzentrierten sich alle an unterschiedlichen Gassen. Während die massgeblichen kommunalen Einrichtungen wie das Rathaus, der Hochgerichtssitz des Schultheissen (Hochgerichtssitz des Schultheissen) und die Lateinschule (Lateinschule) im Bereich der Kreuzgasse standen, gruppierten sich wichtige kirchliche Institutionen wie die Pfarrkirche, das Deutschordenshaus und das Franziskanerkloster (Franziskanerkirche) rund um die periphere Münster- und Herrengasse. Ebenfalls Randlagen wiesen die verschiedenen in der Zähringerstadt gelegenen Spitäler und Pilgerherbergen (Spitäler) auf. Diese befanden sich entweder wie die Elenden Herberge (Elenden Herberge) und das Antonierspital (Antonierspital) in den nördlichen Häuserzeilen der Brunn- und Postgasse oder lagen wie das Siechenhaus (Siechenhaus) oder das Niedere Spital (Niedere Spital) sogar ausserhalb des ummauerten Stadtgebiets. Zentrale Standorte bevorzugten hingegen die Kaufleute (Geldhändler und Wechsler) und Zünfte (Zünfte und Gesellschaften), deren Gewerbe- (Gewerbehäuser der Gerber, Fleisch- und Brotschalen) und Gesellschaftshäuser (Zunft- und Gesellschaftshäuser) sich vorwiegend entlang der geschäftigen Strassenmärkte (Märkte) der Kram- und Gerechtigkeitsgasse reihten.

Roland Gerber, 10.02.2018



[1]    Kdm Bern I, S. 22-62; sowie Hans Morgenthaler: Bilder aus der älteren Geschichte der Stadt Bern, Bern 1935 (2. Auflage), S. 26-36 und 47-50.

[2]    1389 können in der Unteren Zähringerstadt etwa 330 und in der Oberen Zähringerstadt rund 490 Wohnhäuser gezählt werden.

[3]    Die heutigen Laubengänge gehörten ursprünglich zu den Gassen. Sie wurden seit dem 13. Jahrhundert zuerst aus Holz, seit dem 15. Jahrhundert zunehmend aus Stein auf den freien Flächen der Gassen errichtet; Kdm Bern I, S. 66.

[4]    Zum Bau des Münsters und seiner Filialbauten vgl. Kdm IV.

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