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Twingherren

Die Twingherren lebten in der Stadt, verfügten aber gleichzeitig über ausgedehnte Grund- und Gerichtsherrschaften auf dem Land.

Eine für Bern typische, in anderen spätmittelalterlichen Städten nur selten in ähnlich exklusiver Rechtsstellung anzutreffende Personengruppe waren die so genannten Twingherren.[1] Diese lebten in der Stadt, verfügten jedoch gleichzeitig über ausgedehnte Grund- und Gerichtsherrschaften auf dem Land. Daraus ergab sich das Problem, dass die adligen Twingherren einerseits als Berner Bürger dem uneingeschränkten Satzungsrecht von Schultheiss und Rat (Schultheiss und Rat) unterlagen, andererseits als ländliche Herrschaftsträger die Gerichtskompetenzen der Landgrafen von Burgund anerkannten.[2] Als Inhaber ländlicher Herrschaftsrechte standen sie mit den Bewohnern ihrer Twingherrschaften zudem häufig in einem Lehensverhältnis zu geistlichen und weltlichen Herren (Weltliche und geistliche Gerichtsherren), deren Abgaben und Dienste sie neben jenen der Stadt zu leisten hatten (Bürgerpflichten). Insbesondere ermöglichte es ihnen der Besitz von Hoheitsrechten, gegenüber dem Rat als eigenständige Herrschaftsträger aufzutreten und gegebenenfalls auch gegen die Interessen der Bürger zu handeln. Während die auf dem Land residierenden Twingherren im 13. und 14. Jahrhundert auf diese Weise noch weitgehend in einer ambivalenten Rechtsposition zwischen Stadtgemeinde und Landgrafschaft standen, unterwarf sie der Rat der Zweihundert (Rat der Zweihundert), im Twingherrenvertrag von 1471 (Twingherrenstreit von 1470/71) der ausschliesslichen Gebotsgewalt von Schultheiss und Rat.

Roland Gerber, 15.07.2018



[1]    François de Capitani: Adel, Bürger und Zünfte im Bern des 15. Jahrhunderts (Schriften der Berner Burgerbibliothek 16), Bern 1982, S. 29f.

[2]    André Holenstein bezeichnet das Recht des Adels, in Städten das Bürgerrecht zu erwerben, als grundlegenden Verfassungsunterschied zwischen der Stadt und mittelalterlichen Adelsherrschaften; André Holenstein: Die Stadt und ihre Landschaft. Konflikt und Partizipation als Problem des bernischen Territorialstaats im 15./16. Jahrhundert, in: Berns grosse Zeit. Das 15. Jahrhundert neu entdeckt, hg. von Ellen J. Beer, Norberto Gramaccini u.a., Bern 1999, S. 348-356, hier 355f.

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