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Allmenden und Wälder

Die genossenschaftliche Nutzung der an Bern stossenden Allmenden und stadtnahen Wälder hatte für die Stadtbewohner eine wichtige ökonomische Bedeutung.

Das Recht, das städtische Vieh auf den beiden Allmenden östlich und westlich der Stadt weiden zu lassen, bildete für eine prosperierende Wirtschaft eine wichtige Voraussetzung. Das Gleiche galt für die Nutzung der Bern benachbarten Wälder für die Holzgewinnung und Schweinemast.[1] Bereits im 13. Jahrhundert liessen Schultheiss und Rat (Schultheiss und Rat) die von der Stadt beanspruchten Nutzungsrechte im Forst und Bremgartenwald in Artikel 6 der Goldenen Handfeste (Goldene Handfeste) als königliche Freiheiten bestätigen.[2] Auch sonst bildete der Schutz der stadtnahen Wälder und Weiden vor einer Überbeanspruchung durch Mensch und Tier ein wichtiges Anliegen des Rats. Entsprechend unterwarf er die Wälder seit dem beginnenden 14. Jahrhundert strengen Schutzbestimmungen.[3] Neben dem Sammeln von Brenn- und Bauholz war es vor allem die Zahl des auf den Allmenden gehaltenen Schlachtviehs, die der Rat reglementierte und kontingentierte.

Begrenzung der Schafhaltung auf höchstens 200 Tiere

Eine erste Einschränkung erfuhr die Nutzung der Allmenden an der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert. Der Rat bestimmte, dass alle Schafe, die sich länger als vier Tage auf den der Stadt benachbarten Weiden aufhielten, nur noch in Bern verkauft oder geschlachtet werden durften.[4] In einer weiteren Satzung aus dem Jahre 1403 begrenzten Schultheiss und Rat die Zahl jener Schafe, die ein Bürger während eines Jahres auf die Allmenden treiben durfte und nicht auf dem städtischen Markt (Märkte) verkaufte, auf höchstens 200 Tiere.[5] Nach einer wahrscheinlich ebenfalls zu Beginn des 15. Jahrhunderts erlassenen Satzung hatten die Bürger zur Zeit der Schafschur im Frühsommer jedoch das Recht, jeweils bis zu 50 Schafe weiden zu lassen.[6] Zu Beginn des 16. Jahrhunderts waren es dann vor allem die innerhalb der Stadtmauern und auf den Allmenden gehaltenen Schweine, deren Zahl Schultheiss und Rat einschränkten.[7] Nach einer im Jahre 1530 erlassenen Satzung durften jene Stadtbewohner, die keine eigenen Gärten oder Äcker besassen, höchstens zwei Schweine und alle übrigen höchstens vier Schweine halten. Ausserdem mussten alle Schweineställe im Stadtzentrum nach Ablauf einer Frist geräumt werden und durften auch danach nicht wieder aufgebaut werden.[8] In der Landschaft beschränkte der Rat die Grösse der Schweineherden auf höchstens 30 Tiere, wobei landlose Tagelöhner höchstens fünf Schweine besitzen durften.[9]

Metzger und Gerber profitieren von Weiderechten

Die aus dem 15. und 16. Jahrhundert überlieferten Höchstwerte für die Haltung von Schafen und Schweinen machen deutlich, welche wirtschaftliche Bedeutung der genossenschaftlichen Nutzung der an Bern stossenden Wälder und Weiden für die Stadtbevölkerung zukam. Vor allem Metzger (Metzger) und Gerber (Gerber) profitierten von den Weiderechten, indem sie in nächster Nachbarschaft der Stadt grössere Viehherden hielten und diese anschliessend auf dem Markt verkauften (Obere und Niederes Fleischschal) oder zum Schlachten in die Schlachthäuser führten. Aber auch weniger begüterte Bürger nahmen regen Anteil an den städtischen Weiderechten. Sie trieben ihre Schweine, Ziegen und Schafe auf die Allmenden oder zur Eichelmast in die stadteigenen Wälder, was ihnen ein gewisses wirtschaftliches Auskommen sicherte. Schliesslich ermöglichte es die Nutzung der Stadtallmenden, dass sich Handwerksmeister überhaupt ein Reitpferd leisten konnten und dadurch die ökonomischen Voraussetzungen zur Ausübung kommunaler Ämter erfüllten (Ratsämter und Behörden).

Roland Gerber, 07.04.2024



[1]    Zur existentiellen Bedeutung des Waldes für die Bevölkerung einer mittelalterlichen Stadt vgl. Lorenz Sönke: Wald und Stadt im Mittelalter. Aspekte einer historischen Ökologie, in: Wald, Garten und Park. Vom Funktionswandel der Natur für die Stadt, hg. von Bernhard Kirchgässner und Joachim B. Schultis (Stadt in der Geschichte 18), Sigmaringen 1993, S. 25-34.

[2]    SSRQ Bern Stadt I/1, Artikel 6, S. 5f.

[3]    Roland Gerber: Öffentliches Bauen im mittelalterlichen Bern. Verwaltungs- und finanzgeschichtliche Untersuchung über das Bauherrenamt der Stadt Bern 1300 bis 1550 (Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 77), Langnau 1994, S. 110-114.

[4]    SSRQ Bern Stadt II/1, Nr. 241, S. 111.

[5]    SSRQ Bern Stadt II/1, Nr. 242, S. 111.

[6]    SSRQ Bern Stadt I/2, Nr. 273, S. 171; sowie Hermann Rennefahrt: Grundzüge der bernischen Rechtsgeschichte, Teil 2 (Abhandlungen zum schweizerischen Recht, N.F. Heft 66), Bern 1931, S. 106f.

[7]    Gerber, Bauen, S. 109f.

[8]    SSRQ Bern Stadt V, Nr. 29a, S. 49f. (4. September 1530).

[9]    SSRQ Bern Stadt V, Anm. 1, S. 51.

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