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8. November 2012 | Gemeinderat, Direktionen

Wirtschaft und Sozialamt arbeiten eng zusammen

Teillohnmodell schafft neue Perspektiven für Arbeitslose

Die Stadt Bern will Arbeitslose mit Leistungseinschränkungen wieder in die Arbeitswelt integrieren. Die Stadtberner Wirtschaftsverbände und das Sozialamt haben deshalb ein neuartiges Konzept entwickelt: Das Teillohnmodell. Es wird in einer zweijährigen Testphase erprobt.

Viele Personen, welche vom Sozialamt unterstützt werden, haben kaum eine realistische Chance, eine Stelle zu finden. Wer nur eingeschränkt leistungsfähig ist und keine gute Berufsausbildung hat, bleibt oft längere Zeit arbeitslos. Das schlägt aufs Selbstvertrauen und kann der Gesundheit schaden, so dass die erfolgreiche Stellensuche nochmals schwieriger wird.

Wirtschaft und Verwaltung gründen Stellenvermittlungsfirma
Mit einem neuartigen Projekt wollen die städtischen Wirtschaftsverbände und das Sozialamt der Stadt Bern diesen Teufelskreis durchbrechen: Ab Februar 2013 schaffen sie gemeinsam Stellen für Personen mit Leistungseinschränkungen, welche von der Sozialhilfe unterstützt werden. Das Teillohnsystem basiert auf dem Prinzip, dass die Arbeitgeber lediglich die tatsächlich erbrachte Leistung bezahlen. Wenn jemand also bei einer 100-Prozent-Anstellung lediglich eine Leistung von 50 Prozent erbringen kann, so muss der Betrieb nur 50 Prozent des üblichen Lohns entrichten.

Damit das neuartige System funktionieren kann, arbeiten Wirtschaft und Verwaltung eng zusammen: Für die Stellenvermittlung gründen sie gemeinsam eine neue, gemeinnützige Stellenvermittlungsfirma. Die Vorbereitung der Stellensuchenden auf einen Arbeitseinsatz und die Beratung der Betriebe übernimmt das Kompetenzzentrum Arbeit des Sozialamts. Die Wirtschaft wiederum stellt Arbeitsplätze für Personen mit Leistungseinschränkungen zur Verfügung. Weil die Löhne in den meisten Fällen nicht existenzsichernd sind, ergänzt das städtische Sozialamt das Arbeitseinkommen mit Sozialhilfeleistungen. Dabei wird darauf geachtet, dass sich die Arbeit für die unterstützten Personen auch finanziell lohnt.

Einsparungen für die Sozialhilfe
„Das Teillohnmodell führt zu einer zielgerichteten und nachhaltigen Integration von Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt“, sagte die Stadtberner Sozialdirektorin Edith Olibet an der Medienorientierung. Das Modell eröffnet nicht nur neue Chancen für Langzeitarbeitslose, sondern lohnt sich auch finanziell: „Das Teillohnprojekt führt voraussichtlich zu einer finanziellen Entlastung der Sozialhilfe“, erklärt Felix Wolffers, Leiter des Sozialamts der Stadt Bern. Ob sich der Gewinn wie erwartet einstellt, zeigt die zweijährige Testphase. 

Alternative zu Sozialfirmen
Eigentlich wollte die Stadt Bern die Beteiligung an einer neu zu gründenden Sozialfirma prüfen. Im Verlauf der Abklärungen stellte das Sozialamt dann aber fest, dass diese Lösung für Bern nicht optimal ist: Sozialfirmen sind vor allem dann erfolgreich, wenn sie in ein grösseres industrielles Umfeld eingebettet sind. Weil in der Region Bern diese Voraussetzung fehlt, ergeben sich erhebliche Schwierigkeiten, wenn es darum geht, Aufträge für eine Sozialfirma zu beschaffen.

Hinzu kommt, dass Sozialfirmen viele gleichartige und durchwegs wenig qualifizierte Arbeitsplätze anbieten. „Ein Arbeitsplatzangebot, das differenziert ist und auf die individuellen Bedürfnisse der Stellensuchenden Rücksicht nimmt, kann so nicht geschaffen werden“, ist Edith Olibet überzeugt. Aus diesen Gründen suchte das Sozialamt der Stadt Bern nach einer Alternative zum Modell der Sozialfirma.

Win-Win-Lösung

Das nun vorliegende Teillohnmodell wurde zusammen mit den Sozialpartnern entwickelt. „Von diesem Ansatz profitieren alle. Es handelt sich um eine Win-Win-Lösung“, erklärt Bernhard Emch, Präsident der städtischen Sektion des Handels- und Industrievereins HIV. Er ist überzeugt, dass es gelingen wird, die für die Testphase vorgesehenen vierzig Arbeitsplätze zu schaffen.

Auch die Gewerkschaften stehen dem Modell positiv gegenüber: „Das Teillohnmodell führt nicht zu einem Lohndumping, weil es auf den branchenüblichen Löhnen basiert. Wir stehen deshalb hinter diesem Ansatz“, betont Ruedi Keller, Sekretär der Gewerkschaft Unia. Das Pilotprojekt kostet von Februar 2013 bis Februar 2015 maximal 385'000 Franken. Das Geld kommt aus dem Fonds für die Förderung der Vermittlungsfähigkeit von Arbeitslosen.

 

Informationsdienst der Stadt Bern

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