Wirtschaft und Sozialamt arbeiten eng zusammen
Teillohnmodell schafft neue Perspektiven für Arbeitslose
Die Stadt Bern will Arbeitslose mit Leistungseinschränkungen wieder in die Arbeitswelt integrieren. Die Stadtberner Wirtschaftsverbände und das Sozialamt haben deshalb ein neuartiges Konzept entwickelt: Das Teillohnmodell. Es wird in einer zweijährigen Testphase erprobt.
Viele Personen, welche vom
Sozialamt unterstützt werden, haben kaum eine realistische Chance, eine Stelle
zu finden. Wer nur eingeschränkt leistungsfähig ist und keine gute
Berufsausbildung hat, bleibt oft längere Zeit arbeitslos. Das schlägt aufs Selbstvertrauen
und kann der Gesundheit schaden, so dass die erfolgreiche Stellensuche nochmals
schwieriger wird.
Wirtschaft und Verwaltung gründen Stellenvermittlungsfirma
Mit einem neuartigen Projekt
wollen die städtischen Wirtschaftsverbände und das Sozialamt der Stadt Bern
diesen Teufelskreis durchbrechen: Ab Februar 2013 schaffen sie gemeinsam
Stellen für Personen mit Leistungseinschränkungen, welche von der Sozialhilfe
unterstützt werden. Das Teillohnsystem basiert auf dem Prinzip, dass die
Arbeitgeber lediglich die tatsächlich erbrachte Leistung bezahlen. Wenn jemand
also bei einer 100-Prozent-Anstellung lediglich eine Leistung von 50 Prozent
erbringen kann, so muss der Betrieb nur 50 Prozent des üblichen Lohns
entrichten.
Damit das neuartige System
funktionieren kann, arbeiten Wirtschaft und Verwaltung eng zusammen: Für die
Stellenvermittlung gründen sie gemeinsam eine neue, gemeinnützige
Stellenvermittlungsfirma. Die Vorbereitung der Stellensuchenden auf einen
Arbeitseinsatz und die Beratung der Betriebe übernimmt das Kompetenzzentrum
Arbeit des Sozialamts. Die Wirtschaft wiederum stellt Arbeitsplätze für
Personen mit Leistungseinschränkungen zur Verfügung. Weil die Löhne in den
meisten Fällen nicht existenzsichernd sind, ergänzt das städtische Sozialamt
das Arbeitseinkommen mit Sozialhilfeleistungen. Dabei wird darauf geachtet,
dass sich die Arbeit für die unterstützten Personen auch finanziell lohnt.
Einsparungen für die Sozialhilfe
„Das Teillohnmodell führt zu einer
zielgerichteten und nachhaltigen Integration von Langzeitarbeitslosen in den
ersten Arbeitsmarkt“, sagte die Stadtberner Sozialdirektorin Edith Olibet an der
Medienorientierung. Das Modell eröffnet nicht nur neue Chancen für
Langzeitarbeitslose, sondern lohnt sich auch finanziell: „Das Teillohnprojekt
führt voraussichtlich zu einer finanziellen Entlastung der Sozialhilfe“,
erklärt Felix Wolffers, Leiter des Sozialamts der Stadt Bern. Ob sich der Gewinn
wie erwartet einstellt, zeigt die zweijährige Testphase.
Alternative zu Sozialfirmen
Eigentlich wollte die Stadt Bern
die Beteiligung an einer neu zu gründenden Sozialfirma prüfen. Im Verlauf der
Abklärungen stellte das Sozialamt dann aber fest, dass diese Lösung für Bern
nicht optimal ist: Sozialfirmen sind vor allem dann erfolgreich, wenn sie in
ein grösseres industrielles Umfeld eingebettet sind. Weil in der Region Bern diese
Voraussetzung fehlt, ergeben sich erhebliche Schwierigkeiten, wenn es darum
geht, Aufträge für eine Sozialfirma zu beschaffen.
Hinzu kommt, dass Sozialfirmen
viele gleichartige und durchwegs wenig qualifizierte Arbeitsplätze anbieten.
„Ein Arbeitsplatzangebot, das differenziert ist und auf die individuellen
Bedürfnisse der Stellensuchenden Rücksicht nimmt, kann so nicht geschaffen werden“,
ist Edith Olibet überzeugt. Aus diesen Gründen suchte das Sozialamt der Stadt
Bern nach einer Alternative zum Modell der Sozialfirma.
Win-Win-Lösung
Das nun vorliegende Teillohnmodell
wurde zusammen mit den Sozialpartnern entwickelt. „Von diesem Ansatz
profitieren alle. Es handelt sich um eine Win-Win-Lösung“, erklärt Bernhard
Emch, Präsident der städtischen Sektion des Handels- und Industrievereins HIV.
Er ist überzeugt, dass es gelingen wird, die für die Testphase vorgesehenen
vierzig Arbeitsplätze zu schaffen.
Auch die Gewerkschaften stehen dem Modell positiv gegenüber: „Das
Teillohnmodell führt nicht zu einem Lohndumping, weil es auf den
branchenüblichen Löhnen basiert. Wir stehen deshalb hinter diesem Ansatz“,
betont Ruedi Keller, Sekretär der Gewerkschaft Unia. Das Pilotprojekt kostet
von Februar 2013 bis Februar 2015 maximal 385'000 Franken. Das Geld kommt aus
dem Fonds für die Förderung der Vermittlungsfähigkeit von Arbeitslosen.
Downloads
Titel | Bearbeitet | Grösse |
---|---|---|
Konzept Teillohnmodell (PDF, 513.6 KB) | 07.12.2017 | 513.6 KB |
Referat Bernhard Emch Teillohn (PDF, 150.7 KB) | 07.12.2017 | 150.7 KB |
Referat Edith Olibet Teillohn (PDF, 101.8 KB) | 07.12.2017 | 101.8 KB |
Referat Felix Wolffers Teillohn (PDF, 166.9 KB) | 07.12.2017 | 166.9 KB |
Referat Ruedi Keller Teillohn (PDF, 85.8 KB) | 07.12.2017 | 85.8 KB |
Referat Thomas Balmer Teillohn (PDF, 10.0 KB) | 07.12.2017 | 10.0 KB |