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28. März 2017 | Gemeinderat, Direktionen

Bericht Vergabewesen: Rechtsunsicherheit und mangelhaftes Fachwissen als Fehlerquelle

Basierend auf seiner Jahresplanung 2016 hat das Finanzinspektorat (FI) das Vergabewesen einer Prüfung unterzogen. Ziel war nicht, eine repräsentative Aussage über die Fehlerquote zu machen, sondern anhand einer risikoorientierten Auswahl jene Probleme zu eruieren, die zu unsachgemässen Ausschreibungen führen können. Die Analyse offenbart als wiederkehrende Fehlerquelle die Zusammenrechnungspflicht von zusammenhängenden Einzel-vergaben. Das FI führt dies auf rechtliche Unsicherheiten und auf mangelhaftes Fachwissen in den Dienststellen zurück.

Dem Gemeinderat ist es ein Anliegen, dass städtische Beschaffungen und Vergaben korrekt und vorschriftsgemäss abgewickelt werden. Deshalb prüfte das FI, in welchen Bereichen fachliche Lücken und Unsicherheiten bestehen, die letztlich zu einer unsachgemässen Ausschreibung führen können. Zu diesem Zweck analysierte das FI 125 gezielt ausgewählte Verfahren bei Ausgaben im Rahmen des Globalbudgets.

Prüfung im Rahmen einer risikoorientierten Auswahl

Bei den ausgewählten Fällen handelt es sich um eine risikoorientierte und für das Untersuchungsziel möglichst aussagekräftige Auswahl. Die Fälle wurden unter Einbezug von bestehenden Erkenntnissen und Kurzanalysen gezielt ausgewählt. Dieses Vorgehen ermöglicht eine effiziente und effektive Prüfung, welche gewährleistet, dass Fehlerquellen sowie Art und Merkmale der Fehler erkannt werden. Es ist aufgrund dieser Prüfungsmethode jedoch nicht möglich, statistisch auf die Gesamtheit der Vergabeverfahren zu schliessen und quantitative Schlussfolgerungen zum städtischen Vergabewesen zu ziehen. Insbesondere sind mit dieser Prüfmethode keine repräsentativen Aussagen zur Fehlerquote möglich.

Zusammenrechnungspflicht als Fehlerquelle

Die Untersuchung der 125 Beschaffungen zeigt, dass bei diesen mehrheitlich das richtige Beschaffungsverfahren angewandt worden ist. Gleichzeitig fördert die Analyse zutage, dass Vorgaben und Richtlinien in den Dienststellen zum Teil nicht bekannt sind oder unkorrekt angewendet werden. So wurde bei insgesamt 19 geprüften Aufträgen ein falsches Vergabevorgehen gewählt. Grund dafür war laut FI meist, dass die Dienststellen mehrere Einzelvergaben nicht als zusammenhängende Gesamtbeschaffung erkannten und es deshalb unterliessen, die Aufträge zu einer Gesamtsumme zu addieren. Entsprechend gingen sie von einem zu tiefen Auftragswert aus und wählten ein zu niederschwelliges Vergabeverfahren. Die sogenannte Zusammenrechnungspflicht wurde in einigen Fällen auch bei der Vergabe von Folgeaufträgen unterlassen.

Vergabefehler stellte das FI ferner bei Rahmenaufträgen mit unbestimmter Laufzeit fest. Zum einen wurde es in mehreren Fällen unterlassen, die Aufträge periodisch neu auszuschreiben. Zum anderen wurden die Auftragswerte teilweise unsachgemäss berechnet. Das FI stellte auch fest, dass bei freihändigen Vergaben von Dienstleitungsaufträgen über 25‘000 Franken teilweise stadtinterne Vorgaben nicht eingehalten wurden. Verschiedene Dienststellen haben fälschlicherweise auf das Einholen von Konkurrenzofferten verzichtet. 

Sämtliche 19 Fälle mit nicht korrektem Vergabeverfahren wurden ohne Beizug der städtischen Fachstelle Beschaffungswesen abgewickelt. Die Fachstelle Beschaffungswesen betreut sämtliche grösseren Beschaffungsvorhaben der Stadt über 50‘000 Franken. Alle überprüften Fälle, bei denen die Fachstelle involviert war, wurden vom FI als vorbehaltlos korrekt beurteilt.

Rechtliche Unsicherheiten und mangelhaftes Fachwissen

Nach Einschätzung des FI erfolgten die Verfahrensfehler ohne Absicht. Vielmehr seien sie auf mangelhaftes Fachwissen in den zuständigen Dienststellen zurückzuführen. In diesem Zusammenhang weist das FI darauf hin, dass die Einhaltung der Vorgaben im Vergabewesen für Mitarbeitende ohne spezifische Schulung schwierig ist. Hinzu kommen laut FI rechtliche Unsicherheiten. Insbesondere die juristisch korrekte Bestimmung des massgebenden Auftragswerts stelle eine grosse Herausforderung dar, so das FI.

Da im Vergabewesen Rechtsunsicherheiten bestehen und Auslegungsspielraum vorhanden ist, empfiehlt das FI dem Gemeinderat, die Schulung der Kader und Mitarbeitenden zu verbessern, die geltenden Vorschriften im städtischen Vergabewesen zu überprüfen und Regeln für die Praxis festzulegen. Um die Wirkung der Massnahmen zu überprüfen, wird das FI gegen Ende der Legislaturperiode eine erneute Prüfung des Vergabewesens vornehmen.

Gemeinderat leitet Massnahmen ein

Der Gemeinderat begrüsst die Analyse des Finanzinspektorats (FI). Er will nun die Rahmenbedingungen im Beschaffungswesen überprüfen, Regeln für die Praxis festlegen und die Schulung der Kader und Mitarbeitenden verbessern.

Der Gemeinderat begrüsst die vom FI vorgeschlagenen Massnahmen. Gestützt darauf hat er beschlossen, eine direktionsübergreifende Arbeitsgruppe einzusetzen, welche die Vorgaben im städtischen Vergabewesen überprüft. Im Vordergrund stehen dabei unter anderem die Zusammenrechnungspflicht bei wiederkehrenden Dienstleistungen und Lieferungen, die Laufzeiten von Rahmenverträgen, die Schwellenwerte sowie das Einholen von Konkurrenzofferten. Zudem soll die Arbeitsgruppe den Mitarbeitenden eine Arbeitshilfe für Vergaben zur Verfügung stellen. Als Sofortmassnahme ist vorgesehen, dass die Fachstelle Beschaffungswesen und das Finanzinspektorat Kader und Mitarbeitende für das Vergabewesen sensibilisieren.

Der Gemeinderat betont, dass die vom FI vorgenommene Prüfung nur ein bestimmtes Segment der Vergaben umfasst, nämlich jene, die über die Erfolgsrechnung finanziert werden und verhältnismässig geringe Beträge umfassen. Die grossen städtischen Aufträge werden demgegenüber in der Regel über das Investitionsbudget finanziert und nach einer von der Fachstelle Beschaffungswesen begleiteten öffentlichen Ausschreibung oder einem Einladungsverfahren vergeben. In den Jahren 2015 und 2016 handelt es sich dabei um total fast 900 Vergaben.

Finanzinspektorat Stadt Bern

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