Erste Auswilderung von Nashornkäfern in Bern
In Bern wurden im Rahmen eines Projektes von Stadtgrün Bern, dem Tierpark Bern und dem Naturhistorischen Museum Bern erstmals erfolgreich gezüchtete Nashornkäfer ausgewildert. Ziel ist es, im Aareraum neue Lebensräume für seltene holzbewohnende Käferarten zu schaffen und so die Wiederansiedlung zu ermöglichen.
Der Tierpark Bern hat unter der fachkundigen und wissenschaftlichen Begleitung von Käferexpert*innen erfolgreich die früher in Bern heimischen Nashornkäfer gezüchtet. Parallel dazu haben Stadtgrün Bern, der Tierpark Bern und das Naturhistorische Museum in den letzten vier Jahren spezielle Totholzstrukturen geschaffen, die diesen Käfern als Lebensraum dienen werden.
In diesem Jahr ist es so weit: Die Larven der ersten Zuchtgeneration haben ihren dreijährigen Entwicklungszyklus abgeschlossen und stehen kurz vor der Verpuppung. Das ist der richtige Zeitpunkt, um sie auszuwildern. Die angelegten Holzhaufen bieten den Larven einen idealen Standort für die Fertigentwicklung. Zusätzlich zu den Larven wurden in diesen Totholzhaufen auch adulte Käfer ausgewildert, die kurz vor der Paarung und der darauffolgenden Eiablage stehen. Damit soll erreicht werden, dass sich in den vorbereiteten Haufen neue Populationen entwickeln und etablieren können. Und es besteht die Hoffnung, dass ein Teil der adulten Nashornkäfer weiterfliegt und neue geeignete Lebensräume aufsucht, wodurch sich die Art weiterverbreitet. In Anwesenheit einer Vertreterin des Amts für Naturförderung des Kantons Bern (ANF) und Helfer*innen aus der Citizen Science Gruppe wurden insgesamt 40 Larven und 90 adulte Käfer an vier verschiedenen Standorten ausgesetzt.
Bedrohte Vielfalt im Siedlungsraum
Die Stadt Bern und der Tierpark Bern setzen mit dem Projekt ein Zeichen gegen das Insektensterben: Mehr als 60 Prozent der 256 bewerteten einheimischen Käferarten gelten laut einer durch das BAFU in Auftrag gegebenen Analyse als gefährdet oder potenziell gefährdet. Zu dieser Entwicklung tragen der Verlust geeigneter Lebensräume, unter anderem durch Bautätigkeit, der Einsatz von Pestiziden und die zunehmende Isolation von Populationen bei. Insekten wie Käfer und deren Larven sind sehr wichtig als Futtergrundlage für unzählige andere Tiere, wie z.B. den Specht oder die Spitzmaus.
Die Auswilderung ist ein Schritt innerhalb der Rahmenstrategie Nachhaltige Entwicklung der Stadt Bern. Diese Strategie sieht gezielte Aufwertungen und Fördermassnahmen auf öffentlichen Flächen vor, um die regionale Biodiversität zu fördern. Mit dem Projekt zur Wiederansiedlung seltener Käferarten zeigt die Stadt exemplarisch, wie solche Massnahmen in der Praxis umgesetzt werden.
Der Nashornkäfer in Bern
Lebensweise: Nashornkäfer verbringen den grössten Teil ihres Lebens als Larve (Engerling) im Verborgenen. Ihr bevorzugter Lebensraum sind Holzhaufen, Strünke, aber auch holzreiche Komposte an gut besonnten Stellen. Die ausgewachsenen Nashornkäfer – wie sämtliche holzbewohnenden Käfer – leben nicht lange. Die Phase als flugfähiger, adulter Käfer dauert nur wenige Tage bis Wochen und dient ausschliesslich der Paarung und Eiablage.
Flugzeit: Fliegende Nashornkäfer sind an warmen Abenden im Sommer zu beobachten. Die Paarungsflüge finden nur abends und nachts statt. Die nächtliche Aktivität schützt sie vor Fressfeinden wie Krähen und Elstern. Tagsüber verstecken sie sich im Boden.
Lichtaffinität: Nashornkäfer werden vom Licht angezogen. Sie sind daher häufig in der Nähe von Strassenlaternen und weiteren ständigen Lichtquellen zu beobachten.