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Referat Franziska Teuscher anlässlich der Vereinsversammlung des Stadtbernischen Apothekervereins

7. September 2021

Referat von Gemeinderätin Franziska Teuscher, Direktorin für Bildung, Soziales und Sport, anlässlich der Vereinsversammlung des Stadtbernischen Apothekervereins, 7.September 2021

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident 

Sehr geehrte Anwesende

Ich danke Ihnen herzlich für die Einladung zu Ihrer Vereinsversammlung und die Gelegenheit, Sie heute persönlich über den aktuellen Stand der Cannabispilotstudie in der der Stadt Bern zu informieren. Bereits an Ihrer Generalversammlung 2016 durfte ich Ihnen – damals noch zusammen mit Professor Matthias Egger als Studienleiter – die Hintergründe der Pilotstudie vorstellen. Es freut mich sehr, dass ich nun wieder vor Ihnen stehe und die Zeichen gut stehen, dass die Pilotstudie bald startet.

Wie Sie wissen, ist Cannabis die mit Abstand am häufigsten konsumierte illegale Substanz in der Schweiz. Trotz Verbot und Repression konsumieren 200‘000 bis 300‘000 Menschen regelmässig Cannabis, 60'000 Menschen gar täglich. Und die Zahl der sporadisch Konsumierenden ist noch weit grösser. Es ist offensichtlich, dass das geltende Verbot kaum mehr beachtet wird. Daneben hat das Verbot gewichtige Nachteile: Wir können keine effektive Prävention betreiben, weil wir keinen Zugang zu den Konsumierenden haben. Wir können keine wirkungsvolle Repression betreiben, weil der Schwarzmarkt derart gross ist, dass wir diesen kaum kontrollieren können. Und: Wir können auf den Cannabis-Produkten keine Steuern erheben, wie wir dies bei Alkohol und Tabak tun. Der Schwarzmarkt funktioniert nach seinen eigenen Gesetzen: Die Qualität der Substanzen wird nicht kontrolliert und das Cannabis kommt auch in die Hände sehr junger Menschen oder von Menschen in schlechtem Gesundheitszustand. Das darf nicht sein.

Ich bin überzeugt: Wir müssen bessere Lösungen finden als das heute geltende Verbot. Wir müssen die Ressourcen, welche wir heute für unwirksame Repression ausgeben, anderswo, etwa in der Prävention, einsetzen. Und es muss uns gelingen, den Schwarzmarkt zumindest empfindlich zu schwächen.

Der Gemeinderat der Stadt Bern konnte 2016 die Diskussion um eine Entkriminalisierung und Regulierung von Cannabis lancieren resp. neu anstossen. Die Universität Bern zeigte Interesse und Bereitschaft, eine Forschungsstudie auszuarbeiten, mit der die Vor- und Nachteile von Regulierungsmodellen überprüft werden sollten. Wie Sie wissen, verweigerte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) 2017 dieser Studie die Bewilligung mit der Begründung, dass das Betäubungsmittelgesetz mangels Experimentierartikel keine solchen Studien zulasse. Heute, vier Jahre später, können wir die Studie nun doch noch starten: Die Hartnäckigkeit hat sich ausbezahlt. Die Eidgenössischen Räte haben das Betäubungsmittelgesetz ergänzt – seit dem 15. Mai 2021 sind Pilotstudien im Bereich des rekreativen Canabiskonsums explizit erlaubt.

Eine jüngst vom Bund veröffentlichte Umfrage des Forschungsinstituts Sotomo zeigt, dass eine Mehrheit der Schweizer Bevölkerung einen neuen Weg in der Cannabispolitik befürwortet. Wie dieser Weg konkret aussehen soll oder kann, wird die Politik beantworten müssen. Die Studie, welche die Universität Bern hoffentlich nun bald starten kann, wird einen wichtigen Beitrag zur Beantwortung der Frage leisten. Auch andere Städte sind daran, eigene Pilotprojekte zu entwerfen und zu lancieren.

Die Berner Studie orientiert sich an derjenigen aus dem Jahr 2016/7. Sie wird von Professor Reto Auer vom Berner Institut für Hausarztmedizin der Universität Bern geleitet. Er wird Ihnen die aktuelle Studienanlage und die nächsten Schritte anschliessend vorstellen. Dass die Leitung der Studie bei der Universität Bern liegt, garantiert die notwendige Fachkompetenz und Sorgfalt in der Konzipierung und Umsetzung der Studie. Der Austausch mit meiner Direktion funktioniert bestens. 

Bereits die Pilotstudie von 2016 sah vor, dass der Verkauf des Cannabis über die Apotheken läuft. Und noch heute halte ich dies für den vielversprechendsten Weg. Ich freue mich sehr, dass hier in Bern die Studie erneut in Zusammenarbeit mit dem Stadtbernischen Apothekerverein (Stave) vorbereitet wird. Sie als Apothekerin und Apotheker geniessen das Vertrauen der Bevölkerung und haben das Fachwissen im Umgang mit Betäubungsmitteln. Auch verfügen Sie über eine hochprofessionelle Infrastruktur sowie über Dispositive betreffend Sicherheit und Kontrolle. Und Sie sind darin geübt, Kundinnen und Kunden auch auf Probleme anzusprechen. Mit Ihrer Teilnahme an der Studie werden Sie insbesondere auch eine wichtige Rolle für die Prävention und die Schadenminderung übernehmen. Dafür danke ich Ihnen ganz herzlich. Es freut mich, dass Sie bereit sind, Pionierarbeit zu leisten und uns auf dem Weg zu einer glaubwürdigeren Cannabispolitik zu begleiten. Die Stadt Bern übernimmt ein weiteres Mal in der Suchtpolitik eine politische Verantwortung und Führungsrolle. Das kann sie nur, weil Fachpersonen und Fachstellen wie die Apothekerinnen und Apotheker des Stave sie dabei unterstützen und aktiv mitmachen. Merci!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Weitere Informationen.

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