Navigieren auf Stadt Bern

Benutzerspezifische Werkzeuge

Content navigation

Referat von Franziska Teuscher am Neupensioniertenanlass

16. August 2022

Referat von Gemeinderätin Franziska Teuscher, Direktorin für Bildung, Soziales und Sport, am Neupensioniertenanlass vom 16. August 2022

Es gilt das gesprochene Wort.

Liebe Neupensionierte, liebe noch nicht Pensionierte, liebe Anwesende

Ich freue mich sehr, Sie zur heutigen Feier zu Ihrem offiziellen Eintritt ins Pensionsalter begrüssen zu dürfen.

Den Beginn Ihrer Pensionierung möchte ich mit einer Schiffsreise in unbekannte Gewässer vergleichen. Eine Reise in eine Freiheit, die Sie schon aus Ihren ersten Lebensjahren kennen, die Freiheit vor dem Eintritt in den Kindergarten, in die Schule. Erinnern Sie sich an diese ersten Jahre? Die Zeit vor dem Weckerläuten, den Stundenplänen, den Hausaufgaben, Prüfungen? Im Gegensatz zu heute war Ihre Freiheit damals aber etwas schmal, denn es gab da immer auch diese Erwachsenen, die zu wissen glaubten, was für Sie das Beste sei, die Ihnen Leitplanken setzten, Sie zu früh ins Bett schickten, Schokolade und Täfeli rationierten: die Sie erzogen.

Seitdem ist bei Ihnen allen viel passiert, das eine oder andere Abenteuer begann oder endete, wichtige Einschnitte in Ihrem Leben oder in den Leben Ihrer Nächsten prägten Sie, Anfänge, Abschlüsse, Abschiede. Sie feierten Jubiläen, vielleicht Hochzeiten, vielleicht Geburten, neue Perspektiven, einen neuen Job, eine neue Liebe …

Ich denke aber, dass diese neue Fahrt in unbekannte Gewässer, die nun bevorsteht, wirklich etwas ganz Besonderes ist, dass sie der Beginn ist einer neuen Ära: weil Sie die Freiheit Ihrer ersten Lebensjahre wiederbekommen, nun aber Ihre eigenen Skipper sind und die Route, das passende Segel, die Geschwindigkeit, die Ordnung in Kajüte und Kombüse, die Wahl der Häfen auch selbst bestimmen können – oder müssen.

Wie schön wird der erste Sonnenaufgang an Deck sein. Aber Ihre abenteuerliche Fahrt hat auch einige Klippen, die elegant umsegelt werden wollen:

  • Die erste Klippe: Das sind die Finanzen. Sie werden ein dünneres Portemonnaie haben – was nicht so richtig passen will zu den vielen Möglichkeiten, die Ihnen die freie Zeit bietet. Für das kleinere Budget gibt es aber in Bern viele günstige oder kostenlose Angebote, und je nach finanzieller Lage hilft zum Beispiel bei kulturellen Veranstaltungen auch die Kulturlegi. Unter Umständen haben Sie auch Anspruch auf vergünstigte Krankenkassenprämien, Ergänzungsleistungen zur AHV oder Betreuungsgutsprachen. Das städtische Alters- und Versicherungsamt bietet jeweils im Frühling und im Herbst Informations-Veranstaltungen dazu an.
  • Die zweite Klippe auf Ihrer Reise: Das ist die grosse Veränderung des gewohnten Alltags zu Hause: Sie müssen Ihr Privatleben, den Haushalt, aber auch das Beziehungsleben neu denken, die gewohnten Abläufe neu organisieren. Vielleicht sind Sie ja schon länger zu Hause tätig, hatten alles unter Kontrolle, und plötzlich will Ihre Partnerin, Ihr Partner mitmischen, vielleicht sogar das Steuerrad übernehmen – oder eben umgekehrt. Statistisch betrachtet gibt es zwei besonders belastende Phasen im Beziehungsleben: für Familien die Zeit, in der die Kinder noch klein sind, und dann eben die Zeit nach der Pensionierung. Ich wünsche Ihnen für diese Klippe Offenheit, Fantasie und eine grosse Portion Kommunikationstalent.
  • Und da ist die dritte Klippe: Die nun fehlende Tagesstruktur, der fehlende Impulsgeber, die fehlenden sozialen Kontakte, die Ihr Erwerbsleben prägten, eröffnen Ihnen Fragen: Wohin nun mit all der Zeit? Wofür stelle ich am Morgen den Wecker? Wie geht es jetzt weiter? Und wie komme ich mit Menschen zusammen – für einen kleinen belanglosen Schwatz oder eine Unternehmung?

Für diese Fragen gibt es ein ganzes Bündel Antworten – ergreifen Sie die Initiative. Einige Ideen, die ich gesammelt habe:

  • Gründen Sie mit Ihren Nachbar*innen oder mit Bekannten eine Tischrunde, eine Tavolata, treffen Sie sich regelmässig zum gemeinsamen Kochen, Essen, Debattieren und Geniessen. Sie könnten sich auch an einen der vielen Mittagstische setzen, die unter anderem von Quartierinstitutionen oder Kirchgemeinden angeboten werden.
  • Meine 80-jährige Nachbarin flitzte kürzlich an mir vorbei und rief mir atemlos zu, sie müsse zu ihrem Kino-Clübli. Gründen Sie Lesegruppen, Filmclubs, Kaffeeklatschs, Wandergruppen, Museumsfreundschaften, Spaziergänge en groupe – vielleicht über die Engehalbinsel oder durch den Stadtteil Holligen, in dem zurzeit sehr viel Neues entsteht. Schliessen Sie sich einem der vielen Berner Chöre an oder treffen Sie sich immer donnerstags im Innenhof des Generationenhauses bei der Konzertreihe Jeudredi (deren Eintritt kostenlos ist).
  • Grübeln Sie in der Erde des Berner Stiftsgartens oder arbeiten Sie in anderen gemeinschaftlich organisierten Initiativen mit. Zum Beispiel bei den Klimaseniorinnen, von denen wir gleich noch hören werden.
  • Vielleicht macht ein Engagement für andere Freude. Es gibt zahlreiche Benevol-Möglichkeiten. Ganz besonders möchte ich Ihnen hier Nachbarschaft Bern ans Herz legen, einen Verein, der letztes Jahr den «Innovation-in-Politics-Award» bekommen hat. Sie können sich dort melden, wenn Sie anderen pro Woche drei Stunden Ihrer Zeit zur Verfügung stellen möchten, zum Beispiel indem Sie Nachhilfe geben, für jemanden kochen, einkaufen, vorlesen, mit jemandem einen Ausflug machen, Kinder hüten, Administratives erledigen, im Garten helfen, … Natürlich können Sie sich dort auch melden, wenn Sie selbst gern jemanden hätten, die oder der diese Dinge für Sie tut.
  • Bewegen Sie sich! Es gibt so viele Möglichkeiten, in Bern gratis oder kostengünstig Sport zu treiben und fit zu bleiben – und damit nicht nur dem Körper, sondern auch der Psyche auf die Sprünge zu helfen. Nutzen Sie den Outdoor-Fitnesspark an der Aare, den BärnParcours, die Freibäder oder andere Fitnessangebote des Sportamts.
  • Und schliesslich: Beobachten Sie das Wasser und richten Sie regelmässig und rechtzeitig Ihren Kompass aus. Wie ich kürzlich in einer sehr hörenswerten Radiosendung von SRF2 zu Alters-WGs hörte, sind wir genau jetzt im richtigen Alter, um uns über unsere künftige Wunsch-Wohnform Gedanken zu machen. Wir sind ja jetzt sozusagen die Alters-Küken, aber je älter wir werden, desto mehr stellt sich die Frage, wie wir im höheren Alter leben möchten und wie wir unser Sozialleben organisieren. So betonte eine WG-Bewohnerin in dieser Radiosendung, dass, wer in einer Alters-WG leben wolle, sich spätestens Mitte 60 mit dem Thema befassen sollte. Es gibt auch andere neue Wohnformen: generationendurchmischte WGs, Clusterwohnungen, betreute Alters-WGs, Einzelwohnungen in grossen Genossenschaften… Es ist ratsam, beizeiten verschiedene Häfen anzusteuern und sich dort gut umzusehen.

Die neue Ära, die neue Reise, bricht nicht bei uns allen gleichzeitig an. Vielleicht sind Sie ja schon eine Zeitlang auf hoher See und geübt darin, über Ihren Tag selbst zu bestimmen? Oder Sie sind, wie ich, noch nicht ganz startklar, obwohl ich offiziell auch das Pensionsalter erreicht habe? Die Stelle läuft noch weiter, Sie sind selbständig und wollen oder können Ihr Geschäft, Ihre Firma weiterführen, oder Sie stecken mitten in einer Legislatur…?

Bereiten Sie Ihre Fahrt gut vor und informieren Sie sich auch unterwegs: Alles Wichtige zur neuen Lebensphase finden Sie auf den Web-Seiten der Stadt. Die Internet-Adresse ist ganz einfach: bern.ch/alter. Sie finden sie aber auch auf den Unterlagen an Ihrem Platz. Die Pro Senectute kann ebenfalls eine sehr gute Anlaufstelle sein. Sie finden die Berner Filiale im Generationenhaus beim Bahnhof.

Nun aber, bevor Sie die Leinen lösen und lossegeln: Wie geht es heute Abend weiter? Jetzt gleich hören Sie die Rapperin Steff la Cheffe, die begleitet wird vom Gitarristen Benjamin Noti. Bei einem Sofa- oder eher Sesselgespräch befragt dann die bekannte und bereits pensionierte Fernseh- und Radiomoderatorin Ursula Hürzeler ihre Gäste Jutta Steiner und Walter Glauser zu ihrer Pensionierung, und nach einer weiteren Musikeinlage und einem Abschiedswort gibt es Gelegenheit, uns beim Apéro für die grosse Abenteuerfahrt zu stärken und auf den Beginn Ihrer Reise anzustossen.

Ich beglückwünsche Sie nun also offiziell zum Reisebeginn in die Pensionierung, wünsche Ihnen für die Zukunft von ganzem Herzen alles Gute und die besten Voraussetzungen, um immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel zu haben.

Und nun begrüsse ich mit grosser Freude Steff la Cheffe und Benjamin Noti!

Weitere Informationen.

Fusszeile